Achtung, Bohrer! Spätestens beim fiesen Surren liegen die meisten von uns gespannt wie ein Flitzebogen auf dem Behandlungsstuhl ihres Zahnarztes – und versuchen so verzweifelt wie vergeblich, sich wegzubeamen. Und nicht nur wir Patienten, auch die Zahnärzte würden das schlimme Geräusch lieber ganz vermeiden. Denn beim Bohren geht zwangsweise gesunde Zahnsubstanz unwiederbringlich verloren. Und heute gilt: Möglichst viel davon soll mit uns alt werden. „Wir möchten die eigenen Zähne, solange es geht, erhalten und vor Karies schützen“, sagt Privatdozent Dr. Falk Schwendicke, Oberarzt in der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin an der Charité in Berlin. Beim Zahnerhalt ist die richtige Behandlung sogar noch wichtiger als die frühestmögliche Diagnose, das zeigte kürzlich eine der wissenschaftlichen Arbeiten Schwendickes. Und die „richtige Behandlung“ ist eben längst nicht mehr automatisch das Bohren. Dank einiger neuer Entwicklungen kann man heute den Bakterien, die für die Kariesentwicklung verantwortlich sind, auch ohne das gefürchtete Surren das Leben richtig schwer machen. Das Gute daran: Bei diesen modernen Verfahren können Sie für gewöhnlich getrost auf die Betäubungsspritze verzichten. Die folgenden Möglichkeiten gibt es schon in vielen Praxen.
Versiegelung
1Die betroffene Stelle wird erst gründlich gesäubert, danach füllt und versiegelt ein Kunststofflack den Schaden. Der Lack schützt den Zahn vor Säure und verhindert, dass sich Mineralien herauslösen. Die Bakterien sterben darunter ab, weil sie keine Nahrung mehr bekommen. Vorteil: Es geht kein Zahnmaterial verloren, und der Zahnnerv bleibt garantiert unangetastet. Nachteil: Wenn die Karies schon ein Loch gegraben hat (sogenannte „eingebrochene Karies“, die bereits viele Bakterien enthält), wirken Versiegelungen nicht immer ausreichend. Es spricht also alles dafür, die von den gesetzlichen Krankenkassen vorgesehenen halbjährlichen Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Auch wenn das Versiegeln selbst nur bei Kindern eine Kassenleistung ist.
Icon
2Auch die IconMethode (Infiltration Concept) funktioniert am besten bei beginnender Karies, wenn kaum mehr als ein heller Fleck zu sehen ist. Sie basiert darauf, dass Kariesbakterien den Zahnschmelz auflockern. Für die IconTherapie reinigt der Zahnarzt die Stelle sehr gründlich und raut sie dann mit einem speziellen Gel an. Anschließend wird ein Kunststoff (Experten sprechen von „Infiltrant“) aufgetragen. Dieser ist so dünnflüssig, dass er durch die feinen Hohlräume bis tief in die Kariesläsion hineinfließt. Er füllt und verschließt das gesamte kariöse Höhlensystem – und stoppt dadurch die Bakterien. „Die Technik hat sich sowohl in vielen vergleichenden Studien als auch in der Praxis bewährt“, sagt Schwendicke. Icon kommt nicht infrage, wenn das Loch am Rand einer vorhandenen Füllung auftritt, funktioniert aber anders als die Versiegelung auch auf Zahnzwischenraumflächen. Einige Krankenkassen zahlen – pro Läsion muss man sonst rund 100 Euro aufbringen. Ob Ihr Zahnarzt diese Methode anwendet beziehungsweise wo sich die nächste IconPraxis befindet, erfahren Sie unter http://bohren-nein-danke.de.
Ozon
3Ozon schützt die Erde nicht nur vor UV-Strahlung, es hat auch eine stark desinfizierende Wirkung, die seit einigen Jahren in der Zahnmedizin genutzt wird. Ein Vorteil des Gases ist, dass es besser als Flüssigkeiten oder Pasten in Zahnfleischtaschen, Fissuren (also die Grübchen in den Kauflächen der Zähne), Hohlräume und Wurzelkanäle eindringt. Ein spezielles Gerät leitet das Ozon gezielt ausschließlich auf den Kariesherd, wo es die dort angesiedelten Bakterien zerstört. Da das Gas in höheren Konzentrationen ungesund ist, wird es sicherheitshalber umgehend wieder abgesaugt. Anschließend kann das Loch genau wie nach dem Bohren verschlossen werden. Die Kasse zahlt allerdings keine Ozonbehandlungen.
Laser
4Auch Laserstrahlen können Keime an Stellen zerstören, wo konventionelle Methoden nur schlecht hinkommen, etwa in Zahntaschen oder Wurzelkanälen. Bestimmte Laserstrahlen ersetzen so den Bohrer, andere entfernen bakterielle Beläge (Plaque) auf Zahnoberflächen. Laser können aber nicht nur Karies bekämpfen, sondern die Bakterien auch frühzeitig aufspüren. Eine kariöse Stelle reflektiert Laserlicht mit einer speziellen Wellenlänge (655 Nanometer) anders und lässt sich dadurch von einer gesunden Zahnoberfläche unterscheiden. Die Stärke des Lasers ist dabei sehr gering, sodass die Untersuchung auch ohne besondere Vor sichtsmaßnahmen risikolos ist. Diese zusätzliche Diagnosemethode ist eine wertvolle Ergänzung bei fraglichen Kariesherden. Doch leider ist der Einsatz von Lasern am Zahn bisher keine Kassenleistung.
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