Vor allem Frauen wissen, wie sich eine entzündete Blase anfühlt: Brennen beim Wasserlassen, Ziehen im Unterleib, ständig aufs Klo. Die Keime, die einen solchen Infekt auslösen (meist ist es das Bakterium E.coli), stammen fast immer aus dem Darm. Und bei Frauen ist die Harnröhre nur rund vier Zentimeter lang, sodass diese Bakterien relativ leicht von außen in die Blase eindringen können.
Als im Jahr 2010 die letzte ärztliche Leitlinie zur Behandlung von Blasenentzündungen festgelegt wurde, war eine Mehrheit der Experten der Meinung, dass auch unkomplizierte Infekte der Blase immer antibiotisch behandelt werden sollten. Nur die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin stimmte dagegen. Sie fand schon damals, dass man zunächst einmal „symptomatisch“ behandeln könne. Und war damit ihrer Zeit offenbar voraus. Denn zuletzt zeigten einige wissenschaftliche Studien, dass es durchaus zu verantworten ist, gelegentliche unkomplizierte Blasenentzündungen zunächst mit einem Schmerzmittel zu lindern.
Zum Beispiel eine Studie der Uni Göttingen: Fast 500 Patientinnen erhielten hier entweder sofort das Antibiotikum Fosfomycin oder erst mal nur das Schmerzmittel Ibuprofen. Zwei Drittel der Frauen kamen mit den Schmerztabletten allein gut klar und brauchten kein zusätzliches Antibiotikum, 70 Prozent waren nach einer Woche völlig beschwerdefrei. In der Gruppe, die ein Antibiotikum erhalten hatte, heilte die Entzündung nur unwesentlich schneller aus, hier hatten 82 Prozent nach einer Woche keine Symptome mehr.
Weniger und andere Antibiotika
Und wenn die Beschwerden sich nicht bessern oder schlimmer werden und doch ein Antibiotikum nötig wird? Vor einigen Jahren noch war der Wirkstoff Cotrimoxazol das Standardmedikament – doch das ist „verbrannt“, so der Urologe Dr. Roman Karig, Oberarzt der Klinik für Urologie am Lukaskrankenhaus in Neuss. Will heißen: Rund 25 bis 40 Prozent der E.coli-Bakterien sind resistent gegen die Substanz, weil sie über viele Jahre zu häufig und zu unkritisch eingesetzt wurde.
Heute setzt man vor allem auf Fosfomycin (hier genügt eine einzige Dosis). Und auch der Wirkstoff Nitrofurantoin, ein echter Oldie unter den Arzneimitteln, hat mittlerweile ein Comeback gefeiert. Denn er wirkt nach wie vor gegen fast alle Blasenbakterien und ist in geringerer Dosierung auch für die Dauertherapie geeignet, also für Frauen, die extrem häufig Blasenentzündungen haben. Diese Patientinnen könnten es zudem mit einer Art Impfung mit abgetöteten E.coli-Bakterien versuchen. Weil die Wirkung nicht eindeutig bewiesen ist, wird die Therapie (Arzneimittelkosten rund 100 Euro) nicht von den Kassen bezahlt. „Doch es gibt immer mal wieder Patientinnen, die davon profitieren“, so Urologe Karig.
Füße und Unterleib warm halten
Wer zu Blasenentzündungen neigt, sollte immer für warme Füße sorgen. Denn kalte Füße können tatsächlich ganz akut einen Infekt nach sich ziehen, so eine norwegische Studie. Und auch den Unterleib sollte man warm einpacken, denn die Immunabwehr funktioniert bei der richtigen „Betriebstemperatur“ am besten. Außerdem wichtig: Auf der Toilette immer von vorn nach hinten abwischen, damit keine Darmkeime in Richtung Harnröhre gelangen.
Frauen, die vor allem nach Geschlechtsverkehr immer wieder eine Blasenentzündung entwickeln, sollten gleich nach dem Sex auf die Toilette gehen, damit verschleppte Keime sofort wieder ausgespült werden. Und wenn die Blase schon brennt und ziept? Den Unterleib warm halten, ein Schmerzmittel nehmen und Blasentee etwa mit Bärentraubenblättern trinken.
Auch gut: Cranberrysaft oder -präparate. Es gibt zudem sogenannte pflanzliche Antibiotika, etwa aus Kapuzinerkresse und Meerrettich. Diese Pflanzen enthalten Senföle, die Keime unschädlich machen, anders als herkömmliche Antibiotika bringen sie die Darmflora aber nicht aus dem Gleichgewicht. Bei Fieber, Blut im Urin, starken Schmerzen und Druck in der Nierengegend sollte man grundsätzlich zum Arzt gehen. Übrigens: Bis zu drei Blasenentzündungen pro Jahr sind normalerweise nicht besorgniserregend.
Bei Männern allerdings muss ein vermeintlich harmloser Infekt intensiver abgeklärt werden, so Roman Karig. Denn dahinter kann beispielsweise eine Geschlechtskrankheit wie die Gonorrhö stecken oder eine vergrößerte Prostata, die den Abfluss aus der Blase behindert.
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