Klar wissen wir, wie wichtig Sport ist. Trotzdem scheuen sich viele vor dem Gang ins Studio. Etwa weil ihnen die Blicke der anderen oder die öffentlichen Duschen nicht gefallen. Doch zum Glück geht das eine ohne das andere: Laut einer aktuellen weltweiten Trainerumfrage des American College of Sports Medicine gewinnt das Trainieren ohne Geräte immer mehr an Bedeutung. Was hinter dem Trend steckt und wie Sie mit Bodyweight-Training in Ihrem Wohnzimmer fit werden können.
Die neue Flexibilität
Heute hier und morgen dort. Auch Sport unterliegt der gesellschaftlichen Veränderung. Und die geht anhaltend in Richtung Unabhängigkeit und Mobilität. „Entsprechend ist der Wunsch, dass sich das Training den eigenen Bedürfnissen anpasst und nicht umgekehrt“, sagt Dr. Heinz Kleinöder vom Institut für Trainingswissenschaft an der Deutschen Sporthochschule Köln. Mehr und mehr Menschen möchten sich nicht mehr nach Öffnungszeiten und Kursbeginn in ihrem Fitness-Studio richten, sondern aktiv werden, wenn sie Lust und Zeit haben. Und viel Geld lässt sich auf diese Weise auch sparen. Auf lange Sicht würden immer weniger Menschen ins klassische Studio gehen, so die Trendforscherin Yvonne Winnefeld vom Zukunftsinstitut in Frankfurt.
Mehr als nur Muckis
Doch nur Kosten oder Flexibilität in den Vordergrund zu stellen würde der Trainingsmethode nicht gerecht werden. „Sie ist eine optimale Ganzkörpermethode und spricht nicht nur einzelne Muskelgruppen an“, erklärt der Experte. „So kann sich jeder – neben der allgemein gesteigerten Fitness – Kompetenzen in Sachen Statik und Dynamik aneignen. Beide sind entscheidend bei der Vorbeugung von Sportverletzungen und eine gute Sturzprophylaxe für ältere Menschen.“ Die Übungen selbst sind dabei alles andere als neu: Die Klassiker Kniebeugen, Liegestütze und Sit-ups kommen in jedem Training in unterschiedlichen Ausführungen vor und werden in der Regel zwischen zehn- und 20-mal in drei Sätzen wiederholt.
Ideal für alle
Eine Voraussetzung ist für das unkomplizierte Training allerdings entscheidend: „Die Übungen müssen richtig ausgeführt werden“, so der Sportwissenschaftler. „Sonst besteht die Gefahr von Fehlhaltungen und Fehlbelastungen beziehungsweise der Ausbildung von muskulären Dysbalancen.“ Sie treten auf, wenn ein Muskel überbelastet beziehungsweise sein Gegenspieler nicht trainiert wird. Langfristig kann das zu schmerzhaft verkürzten Muskeln, verminderter Beweglichkeit oder sogar Sportverletzungen führen. „Anfänger sollten am besten mithilfe einer korrekten Bewegungsvorgabe üben – und zu Anfang konsequent vor dem Spiegel. So können sie ihre Haltung kontrollieren“, rät Heinz Kleinöder. Geeignet ist z. B. ein Buch oder Internetvideo (Suchwort: „Bodyweight-Training“). Fortgeschrittene können das Workout anspruchsvoller gestalten; etwa indem sie die Bewegungsgeschwindigkeit reduzieren. Oder sie schließen einfach mal bei Kniebeugen die Augen. Das ist schwieriger und verbessert den Gleichgewichtssinn und das Koordinationsvermögen. Nur Leistungssportler geraten beim Bodyweight-Training irgendwann an ihre Grenze. Ihnen fehlt schlicht die Masse an Gewicht für den weiteren Muskelzuwachs.
Kurz und gut
Gute Nachricht übrigens für alle Vielbeschäftigten und Bewegungsmuffel: „Für die Gesundheit reicht zweimal pro Woche eine leichte Belastung von 20 bis 30 Minuten. Es kommt in erster Linie auf die Regelmäßigkeit an“, so Experte Kleinöder. „Starten Sie langsam, stretchen und dehnen Sie sich. Das steigert die Durchblutung, schont das Herz-Kreislauf- System und bereitet sanft körperlich und mental auf die Trainingseinheit vor.“ Und was tun, falls einen am nächsten Tag ein Muskelkater plagt? Kleinöder rät zu maximal einer Viertelstunde leichtem Muskeltraining. „Etwas Bewegung hilft am besten.“
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