Interview
Herr Prof. Dr. Remer, im Rahmen der DONALD Studie der Universität Bonn haben Sie festgestellt: Entstehen durch die Ernährung im Stoffwechsel zu viele Säuren, steigt bei Kindern der Stresshormonspiegel. Was steckt dahinter?
Wir haben bei 200 gesunden Kindern im 24-Stunden-Urin die tägliche Säurelast gemessen und die Urine auf das Stresshormon Cortisol und seine bioaktiven Formen hin untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Bei Kindern mit einer hohen Säureausscheidung ist auch die Sekretion, also die Ausschüttung von Cortisol vergleichsweise hoch. Das hat auf Dauer, wie schon vorausgegangene Studien von uns gezeigt haben, negative Folgen für Stabilität und Aufbau der Knochen.
Welche Auswirkungen haben die Stresshormone außerdem?
Normalerweise dienen diese Hormone dazu, in echten Stress-Situationen die nötige Energie und Ressourcen bereitzustellen, um reagieren zu können, nach dem Prinzip „fight or flight“. Ist Cortisol ständig erhöht, kann zum Beispiel die Insulinsensitivität der Zellen, also grob gesagt: der Zuckerstoffwechsel, beeinträchtigt sein. Der Blutdruck steigt. Zudem reduziert ein längerfristig erhöhter Cortisolspiegel mit großer Wahrscheinlichkeit die kognitive Leistung – man wird zum Beispiel vergesslich.
Wie kommt es denn zu dem Säureüberschuss?
Im Grunde kommt es durch ein Ungleichgewicht in der Ernährung dazu: Wenn Eiweiße um- und abgebaut werden, entstehen – völlig normal – bestimmte Säuren im Stoffwechsel. Diese werden unter maßgeblicher Beteiligung der Niere mittels sogenannter alkalisierender Mineralstoffe – vereinfacht gesagt – neutralisiert. Wichtig hierfür sind zum Beispiel Kalium und Magnesium, beide sind in Gemüse und Früchten in größeren Mengen enthalten. Wer viel Fleisch oder Käse, also eiweißreich isst, sollte also ganz besonders darauf achten, auch reichlich Gemüse und Obst zu verzehren.
Gelten ihre Erkenntnisse nur für Kinder, oder sind sie auch auf Erwachsene übertragbar?
Ja. Man muss davonausgehen, dass alles, was wir hier bei gesunden Kindern sehen, beim Erwachsenen langfristig noch ausgeprägter ist. Die besondere Wachstumshormonproduktion der Kinder schwächt die katabole Wirkung des Cortisols ja eher noch ab. Das ist bei Erwachsenen dann so nicht mehr der Fall.
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