Fehlzeiten: Mehr Krankmeldungen durch psychische Erkrankungen

Lebenskrisen belasten. Und im Job führen sie immer häufiger zu Krankmeldungen. Das zeigt der diesjährige Fehlzeiten-Report der AOK

Fehlzeiten: Mehr Krankmeldungen durch psychische Erkrankungen

© iStock/KatarzynaBialasiewicz

Seit 1999 erscheint einmal Jahr der Fehlzeiten-Report der AOK als Bericht zu den krankheitsbedingten Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft. Im vergangenen Jahr bemängelte der Report, dass ein schlechtes Firmenklima Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter krank mache. Mehr als jeder vierte Beschäftigte hatte die Unternehmenskultur in seinem Betrieb als schlecht beurteilt. In diesem Jahr ging es um den Schwerpunkt „Krise und Gesundheit“, also um einschneidende Lebensereignisse wie schwere Krankheit oder der Tod eines nahen Angehörigen und dessen Auswirkungen auf den Berufsalltag. Der Bericht zeigt auf: Bereits seit mehreren Jahren spielen psychische Erkrankungen eine große Rolle, wenn sich Beschäftigte krank melden. Die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen nahmen im letzten Jahrzehnt um nahezu 80 Prozent zu. Die dadurch verursachten Fehlzeiten am Arbeitsplatz liegen bei durchschnittlich 26 Tagen jährlich. Wegen einer anderen Erkrankung fehlten gesetzlich Versicherte ungefähr 19 Tage im Jahr.

„Etwa die Hälfte der Erwerbstätigen war in den letzten fünf Jahren von einem kritischen Lebensereignis betroffen. Die Folgen sind für Beschäftigte und Arbeitgeber gravierend“, sagt Helmut Schröder, Stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO). Für den Beschäftigten können sie die Ausgrenzung aus der Arbeitswelt und damit die soziale Isolation bedeuten. Dem Unternehmen droht der Verlust einer wertvollen Fachkraft, verbunden mit hohen Folgekosten.

Wird nach dem schlimmsten Ereignis gefragt, wird am häufigsten über schwere Erkrankungen in der Familie berichtet (14 Prozent), dicht gefolgt von belastenden Konflikten im privaten Umfeld (13 Prozent), Trennung (13 Prozent) oder Tod eines Familienangehörigen (zehn Prozent). Bereits auf Rang fünf steht mit Mobbing oder Streit am Arbeitsplatz eine das Berufsleben betreffende Krise (neun Prozent).

Je älter die Befragten waren, desto häufiger nehmen dem Bericht zufolge die Krisen zu. Jüngere Erwerbstätige berichteten neben privaten Konflikten auch über finanzielle oder soziale Probleme, während bei älteren Erwerbstätigen Krankheit, Altern oder der Tod des Partners eine größere Rolle spielten. Der Bericht stellt heraus, dass der demografische Wandel dazu führt, dass künftig anteilig mehr ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Unternehmen arbeiten werden. Und dies bedeutet, dass krisenauslösende Lebensereignisse wie der Tod des Partners oder die eigene schwere Erkrankung in den Belegschaften noch häufiger zu Fehlzeiten führen werden.

Viele Unternehmen in Deutschland wissen um die hohe Relevanz betrieblicher Angebote bei Krisenereignissen. Die Deutsche Bahn beispielsweise bietet ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern professionelle, anonyme Unterstützung in Krisensituationen an. Das Betreuungsprogramm ist insbesondere für die Lokführerinnen und Lokführer konzipiert, die ein Unglück auf den Schienen miterleben mussten, beispielsweise den Suizid eines Menschen. Das Betreuungsprogramm wurde bereits Mitte der 1990er Jahre eingeführt und wird seitdem stetig weiterentwickelt. Wie die Befragung des WIdO zeigt, haben vor allem kleine Unternehmen einen hohen Nachholbedarf an entsprechenden Angeboten für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Fehlzeiten-Report der AOK wird vom Wissenschaftlichen Institut der AOK, der Universität Bielefeld und der Beuth Hochschule für Technik Berlin herausgegeben. Insgesamt 2000 Beschäftigte zwischen 16 und 65 Jahren nahmen in diesem Jahr an den Befragungen teil.

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