Ist genug für alle da?
Jeder neunte Mensch auf der Welt hat Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge nicht genug zu essen. Und die Zahl der hungerleidenden Menschen steigt. Schuld daran sind nicht zuletzt kriegerische Konflikte, der Klimawandel und die zunehmende Bevölkerung. Die Weltbevölkerung wächst, ebenfalls den Vereinten Nationen zufolge, von heute rund 7,6 Milliarden Menschen auf 9,8 Milliarden 2050 und 11,2 Milliarden im Jahr 2100. Das bedeutet, dass künftig immer mehr Menschen mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen ernährt werden müssen.
Warum hat insbesondere ungesundes Essverhalten Einfluss auf die Umwelt?
Während 820 Millionen Menschen nicht genügend zu essen haben, sind weitaus mehr, nämlich 2,2 Milliarden Menschen übergewichtig oder sogar fettleibig. Wie Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Gesundheit zusammenhängen, lässt sich gut anhand des Fleischkonsums nachvollziehen. Menschen, die regelmäßig zumindest rotes Fleisch essen, erkranken häufiger an Diabetes, Herzkreislaufstörungen oder Darmkrebs. Unter anderem deshalb, weil bei der Zubereitung von Fleisch, beispielsweise beim starken Erhitzen oder beim Pökeln potenziell schädigende Substanzen gebildet werden wie heterozyklische Amine und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche sollten Erwachsene nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aus gesundheitlichen Gründen nicht essen.
Wer viel Fleisch isst, schädigt nicht nur seine eigene Gesundheit. Er belastet gleichzeitig die Umwelt. Denn die Herstellung von Fleisch verbraucht sehr viel Wasser, Dünger und Futtermittel, außerdem riesige Acker- und Weideflächen. Für ein Kilo Rindfleisch fließen nach einer Studie des WWF etwa knapp 15.500 Liter Wasser. Für ein Kilo Weizen hingegen nur 1.300 Kilo Liter. Zusätzlich fallen bei der Produktion eines Kilos Rindfleisch 13,3 Kilo CO2 an.
Der Verzicht auf ein Schinkenbrötchen oder Hamburger ist entsprechend aktiver Klimaschutz, formuliert Tanja Dräger de Teran vom WWF, dem World Wide Fund For Nature. „Wenn jeder Bundesbürger nur einmal pro Woche auf Fleisch verzichten würde, könnte das zu einer jährlichen Einsparung von rund neun Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen führen. Das entspricht umgerechnet 75 Milliarden PKW-Kilometern,“ fasst Dräger die Ergebnisse der Studie „Klimawandel auf dem Teller“ zusammen. (Link: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Klimawandel_auf_dem_Teller.pdf).
Was und wie sollen wir also essen?
Wie und was können wir also essen, damit alle Menschen bei guter Gesundheit satt werden und der Planet intakt bleibt? Mit dieser Frage hat sich ein Team von Forscherinnen und Forschern aus 16 Ländern beschäftigt. Ihre Antworten geben die Autoren mit der Planetary Health Diet. Diese globale Gesundheitsdiät erlaubt durchschnittlich 2.500 Kalorien pro Tag – wobei diese Menge für körperlich hart arbeitende Menschen zu wenig, für solche mit überwiegend sitzender Tätigkeit zu viel wäre. Sie basiert größtenteils auf Pflanzen. Das heißt, die Hälfte der vorgeschlagenen Kost besteht aus Gemüse und Obst, ein Drittel aus Vollkorngetreide. Für die Proteinzufuhr wären pro Woche ein Rindfleischburger und zwei Portionen Fisch in Ordnung, aber das meiste Eiweiß sollte aus Hülsenfrüchten und Nüssen stammen. Ein Glas Milch pro Tag, Käse oder Butter sowie ein oder zwei Eier pro Woche entsprechen außerdem den Richtlinien. In anderen Zahlen ausgedrückt: Pro Tag sind 50 Gramm Nüsse in Ordnung, 75 Gramm Hülsenfrüchte, 28 Gramm Fisch, 14 Gramm rotes Fleisch, 29 Gramm Hühnchen, 250 Gramm Milchprodukte und 232 Gramm Getreide. Und vor allem: 500 Gramm Obst und Gemüse.
Mit diesen Angaben entspricht die globale Gesundheitsdiät der Mittelmeer- oder der japanischen Okinawa-Diät. Beide Arten, sich mit viel frischem Gemüse zu ernähren, gelten als lebensverlängernde Maßnahme, also als sehr gesund.
Was muss geschehen, damit eine globale Gesundheitsdiät Wirklichkeit wird?
Vor allem der hohe Fleischkonsum ist ein Problem für Gesundheit und Umwelt. Derzeit essen die Deutschen ungefähr 1,15 Kilogramm Fleisch pro Woche. Das ist mehr als doppelt so viel als das, was die globale Gesundheitsdiät empfiehlt. Damit die Menschen ihre Essgewohnheiten massiv ändern, muss nicht zuletzt die Politik Rahmenbedingungen auf allen Ebenen schaffen, beispielsweise für eine nachhaltige Landwirtschaft, die auf fossile Brennstoffe verzichtet und dadurch den Verlust der Biodiversität mit allen Mitteln stoppt. Gleichzeitig muss die Verschwendung von Lebensmitteln um 15 Prozent verringert werden. Hier, genau wie beim eigenen Essverhalten, kann jeder und jede mitmachen – durch bewusstes Einkaufen oder das Nutzen von Online-Plattformen wie Foodsharing.
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