Inkontinenz: Wo ist die nächste Toilette?

Wer an Inkontinenz leidet oder eine Reizblase hat, traut sich manchmal gar nicht mehr aus dem Haus. Eine überaktive Blase ist unangenehm – aber man kann etwas dagegen tun.

Inkontinenz: Wo ist die nächste Toilette?

Inkontinenz kann sich auch auf die Psyche auswirken. / Bild ©iStock/Naeblys

Reizblase und Inkontinenz sind noch immer Tabuthemen – und das macht für Betroffene alles nur noch schlimmer. Mehr als jeder zehnte Deutsche hat eine überaktive Blase. Betroffene schämen sich oft, mit ihrem Arzt oder Apotheker darüber zu sprechen. Aus Angst, es nicht mehr rechtzeitig zur Toilette zu schaffen, bleiben viele gleich zu Hause. Das mag beruhigen, doch der soziale Rückzug macht auch einsam. Manchmal führt eine Blasenschwäche auf diesem Weg sogar in eine Depression.

Belastungsinkontinenz: Husten und Harndrang

Es gibt eine Menge Mythen rund um das Thema Blasenschwäche. Viele glauben zum Beispiel, dass ein unkontrollierbarer Harndrang eine Frage des Alters ist. Dabei ist Inkontinenz meistens gar keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom für kranke Harnorgane, ein schwaches Becken, hormonelle Veränderungen oder Störungen der Nerven.

Vor allem die Beckenbodenmuskulatur spielt eine wichtige Rolle: Sie trägt die Blase und formt den Schließmuskel. Zwar steigt mit dem Alter auch das Risiko von Inkontinenz, aber auch viele junge Menschen leiden daran, vor allem Frauen nach der Geburt. Denn wenn der Beckenboden geschwächt ist, ist eine mögliche Folge Belastungsinkontinenz. Der unkontrollierbare Harndrang wird dabei durch Überlastung ausgelöst, wie zum Beispiel Husten, Lachen oder Niesen. Dagegen hilft oft schon eine Physiotherapie, die den Beckenboden stärkt. Es gibt aber auch Medikamente oder Hilfsmittel wie Pessare, die bei Frauen in die Vagina gelegt werden. Außerdem kann das Problem operativ behoben werden: Ärzte ziehen dabei spannungsfreie Vaginalbänder unter die Harnröhre. Die unterstützen dann die geschwächte Bandstruktur des Beckenbodens.

Dranginkontinenz: Psyche und Pinkeln

Wenn der Harndrang ganz ohne körperliche Belastung kommt, spricht man von einer Dranginkontinenz. Die Blase kann in diesem Fall auch nur vorübergehend überaktiv sein, denn Dranginkontinenz ist oft ein Zeichen für seelischen Stress, Angst, Anspannung oder Depression. Denn das Bedürfnis, auf die Toilette zu gehen, wird nicht von der Blase allein gesteuert. Vielmehr kommt der Befehl dazu aus dem Gehirn und gelangt über Nervenbahnen und Neurotransmitter in die Blase. Deswegen können psychische Leiden den Harndrang auch so stark beeinflussen und Antidepressiva unter Umständen helfen.

Doch die gute Nachricht bei Dranginkontinenz: Die Blase ist lernfähig. Betroffene müssen sich nicht damit abfinden, sondern können zum Beispiel in einer Verhaltens- und Physiotherapie lernen, die Beckenbodenmuskulatur zu spüren und die Blase zu kontrollieren. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer Elektrostimulationstherapie, dem sogenannten Bio-Feedback. Dabei werden Elektroden an den Beckenboden geklebt, über die Betroffene An- und Entspannung wahrnehmen und steuern lernen.

Wie kommt es zu Inkontinenz?

In die Blase passt fast ein Liter Urin. Je voller das Organ wird, umso mehr steigt im gesunden Zustand der Druck. Gleichzeitig dehnt sich die Blasenwand aus und benachrichtigt auf diese Weise Rezeptoren, die an ihr haften. Diese melden dann dem Gehirn, dass die Blase entleert werden muss. Die Folge ist Harndrang.
Bis wir aber auf der Toilette sitzen, sorgt das Gehirn mit hemmenden Signalen dafür, dass die Blase sich nicht einfach unkontrolliert entleert. Bis zu fünf Minuten kann ein Mensch mit maximal gefüllter Blase den Drang kontrollieren.

Wer aber eine Blasenschwäche hat, hat keine Kontrolle mehr. Manchmal ist es schwer, für den Kontrollverlust eine Ursache zu finden. Dann wird oft von einer Reizblase gesprochen. Ein Tagebuch über die Häufigkeit des Toilettengangs, die abgegebene Urinmenge, die Intensität des Drangs und die Menge an Trinken kann helfen, herauszufinden, was hinter der Reizblase steckt. Ganz gleich, ob am Ende Stress, psychische Leiden, Hormonveränderungen, Erkrankungen der Harnorgane oder ein geschwächtes Becken stehen: Blasenschwäche ist nichts, womit Betroffene sich abfinden müssen.

Wie verhalte ich mich blasengesund?

  • Ernährung: Kaffee reizt die Blase, Zitrusfrüchte stärken sie.
  • Beckenboden: Viele Menschen können ihre Beckenbodenmuskulatur gar nicht spüren, dabei ist sie so wichtig. Ein Training lohnt sich – und kann sogar Blasenschwäche vorbeugen.
    Setzen Sie sich auf einen Stuhl ohne Lehne, die Füße stehen hüftbreit auf dem Boden. Sitzen Sie aufrecht auf beiden Sitzbeinhöckern. Dann: einatmen und Sitzhöcker und After zusammen und nach innen ziehen. Ausatmen und alles lösen.
  • Regelmäßigkeit: Gehen Sie regelmäßig zur Toilette, vielleicht zu denselben Zeiten. Auch regelmäßiges Trinken hilft dabei, den Harndrang zu kontrollieren.

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