Sport ist ein Wundermittel für den ganzen Körper, doch besonders das Herz profitiert von regelmäßiger Bewegung – sie wirkt sich positiv auf Blutdruck und Cholesterinwerte aus, kann das Risiko für Herzerkrankungen um die Hälfte reduzieren und erhöht die Überlebenschancen danach. Um unseren wichtigsten Muskel gesund zu erhalten, schwören Experten mehr denn je auf das Laufen. „Der Vorteil daran ist die gut steuerbare gleichmäßige Belastung“, sagt Dr. Susanne Berrisch- Rahmel, niedergelassene Kardiologin in Düsseldorf. Fünf aktuelle Erkenntnisse für alle, die etwas für ihr Herz tun wollen.
1. Läufer leben am längsten
Wer Sport treibt, verlängert sein Leben. Und mit Joggen scheint das mit Abstand am erfolgreichsten zu gelingen. Denn rein statistisch schenkt eine Stunde Laufen sieben Stunden zusätzliche Lebenszeit, so das Ergebnis einer Überblicksarbeit amerikanischer Sportwissenschaftler und Kardiologen. Untersucht wurde der Effekt auch bei anderen Ausdauersportarten, doch es zeigte sich: Ganz egal, wie sehr man sich etwa beim Radfahren anstrengt, das Risiko für vorzeitigen Tod sinkt dabei nur um zwölf Prozent. Dagegen haben Läufer eine bis zu 40 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, unsportliche Zeitgenossen zu überleben. Und zwar ganz unabhängig von Tempo und Streckenleistung. „Warum gerade Joggen so wirkungsvoll vor einem frühen Tod schützt, weiß man nicht genau“, so der Co-Autor der Studie Professor Duck-chul Lee von der Iowa State University. Einer großen dänischen Studie zufolge ist der Effekt für Männer sogar noch größer als für Frauen: Sie können ihr Leben mit regelmäßigem Laufen um 6,6 Jahre verlängern, Frauen um 5,5 Jahre. Die niedrigsten Sterblichkeitsraten finden sich hier bei Probanden, die auf leichtes und regelmäßiges Laufen setzen: ein bis 2,4 Stunden in der Woche, bei etwa acht Stundenkilometern.
2. Laufen verjüngt die Zellen
Bewegung schafft, was bisher kein Serum und kein Arzneimittel der Welt hinkriegt: Sie hält das Herz jung, und zwar auf zellulärer Ebene. Eine entscheidende Rolle für den Alterungsprozess der Zellen spielen die sogenannten Telomere: Sie sitzen an den Enden der Chromosomen wie die Schutzhüllen an Schnürsenkeln. Im Laufe des Lebens werden diese Schutzkappen immer kürzer und verschwinden irgendwann. Die Chromosomen können dann verkleben, die Zellen sterben. Ein körpereigenes Enzym jedoch kann die Telomere wiederherstellen. In der Studie des Kardiologen Christian Werner vom Universitätsklinikum des Saarlandes haben Probanden sechs Monate lang Kraft- und Ausdauersport trainiert. Jede Form des Trainings brachte die Enzyme in Gang, die die Telomere stabilisieren. Am meisten profitierten jedoch die Läufer unter den Probanden, und zwar diejenigen, die dreimal in der Woche locker joggten. „Wenn man sich im Leben reichlich bewegt hat, kann man mit 80 noch das Herz eines 50-Jährigen haben“, so Christian Werner.
3. Auch schwache Herzen darf man fordern
Ausdauersport ist gut fürs Herz, aber lange galt das für kranke Herzen nur mit Einschränkung. Bei chronischer Herzmuskelschwäche etwa war körperliches Training tabu. Zu groß war die Befürchtung, dass sich die Pumpfunktion des Herzens weiter verschlechtert. Aber mittlerweile gilt als belegt, dass Sport auch für Menschen mit Herzinsuffizienz sicher ist. Eine größere Untersuchung, an der neun europäische Zentren beteiligt waren, bestätigte erneut, dass eine Sporttherapie die Prognose der Erkrankten sogar deutlich verbessert. Die Forscher konnten dabei keinen Vorteil von Intervalltraining verglichen mit moderatem Ausdauersport für Menschen mit Herzschwäche feststellen. Moderat ist ein Tempo, bei dem man schon ins Schwitzen kommen, aber sich noch unterhalten kann, in der Studie waren es etwa 3000 Schritte in einer halben Stunde. Intervalltraining ist ein Wechsel aus maximaler Anstrengung (hier: vier Minuten) und längeren ruhigen Phasen. Auch Patienten mit einer Herzmuskelverdickung wurde bislang zur Vorsicht bei körperlicher Bewegung geraten. Doch die positive Wirkung von moderatem Training konnte für sie ebenfalls belegt werden. Was dennoch richtig ist: Wer herzkrank ist, sollte in Absprache mit dem Kardiologen trainieren.
4. Wochenendsport ist effektiv
Und wie viel Sport muss es sein? Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfehlen 150 Minuten in der Woche leichte Bewegung wie Gehen oder gemütliches Radfahren. Oder aber 75 Minuten intensives Training wie Joggen oder Schwimmen. Anscheinend kommt es aber nicht unbedingt darauf an, dieses Pensum gleichmäßig zu verteilen. Menschen, die das empfohlene Maß an Bewegung ausschließlich am Wochenende absolvieren, scheinen genauso davon zu profitieren. Sportwissenschaftler der englischen Universität Loughborough haben dazu Daten von über 63 000 Erwachsenen ausgewertet. Auch die Wochenendsportler hatten ein um 30 Prozent geringeres Sterblichkeitsrisiko als die Befragten, die sich kaum bewegten. Um sich vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu schützen, scheint es am wichtigsten zu sein, sich überhaupt regelmäßig zu bewegen. „Gerade Anfänger müssen nicht gleich eine Stunde trainieren – auch kleine Schritte bringen etwas“, sagt die Internistin Susanne Berrisch-Rahmel.
5. Laufen ersetzt Tabletten
Menschen, die unter Vorhofflimmern leiden – dabei schlägt das Herz unregelmäßig und oft zu schnell –, wurden über Jahrzehnte vor allem mit Medikamenten behandelt, wie etwa Betablockern und Antiarrhythmika. In jüngster Zeit hat sich nun herauskristallisiert, dass schon eine Änderung des Lebensstils viel ausrichten kann. So kann eine bessere Fitness helfen, frei von Flimmer-Episoden zu werden, aber auch Abnehmen. Den größten Effekt konnten australische Forscher bei Probanden zeigen, die gleichzeitig schlanker und fitter wurden. Übrigens: Wer sich fit hält, ist weniger gefährdet, überhaupt erst Vorhofflimmern zu entwickeln. Das zeigte eine norwegische Studie anhand der Daten von über 20 000 Probanden. Diejenigen, die sich mindestens vier Stunden in der Woche moderat bewegten, hatten ein um 19 Prozent reduziertes Risiko im Vergleich zu Stubenhockern. Doch sollte man es nicht übertreiben: Exzessives Training wie im Wettkampfsport erhöht das Risiko für Rhythmusstörungen beinah genauso wie ständiges Sitzen.
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