Die Diagnose Krebs ist ein mächtiger Einschnitt im Leben. Ein Schock, auf den oftmals Angst und Traurigkeit folgen. Therapien wie die Musik-, Kunst- oder Tanztherapie können den Betroffenen Momente der Ruhe und Einkehr bescheren und helfen, sich auf schöne Dinge im Leben zu konzentrieren.
Musiktherapie
Zu allen Zeiten haben Menschen Klänge zur Heilung eingesetzt. In der Antike beispielsweise soll die Königstochter Encheduanna Tempelhymnen komponiert haben, mit denen sie versuchte, Kranke zu heilen. Während des Rituals verfielen die Teilnehmenden in einen tranceartigen Zustand, in dem sie Dämonen vertrieben, so die Idee. Im Barock schrieben Händel und Mozart Heilmusik für Menschen mit chronischen Kopfschmerzen, und Bach komponierte um 1741 seine heute noch in der Musiktherapie eingesetzten „Goldberg-Variationen“ für einen Grafen mit quälender Schlaflosigkeit. Im 20. Jahrhundert schließlich entwickelten Wissenschaftler die heutige Musiktherapie, bei der Patienten selbst mit Instrumenten und ihrer Stimme experimentieren oder einfach Musik hören. Zu dem Ergebnis, dass Musik Ängste und Sorge von Patienten mit Krebs entgegenwirken kann, kam 2011 eine Gruppe von Fachleuten der Cochrane Collaboration, einem weltweiten Netz von Wissenschaftlern und Ärzten. Sie hatten Daten zu fast 2000 Krebspatienten ausgewertet, die an verschiedenen Behandlungen mit Musiktherapeuten oder Behandlungen mit vorabaufgezeichneter Musik teilgenommen hatten. Demnach hat die Musiktherapie einen positiven Einfluss auf Angst, Schmerzen, Stimmung und Lebensqualität. So kann das Musikhören beispielsweise bei krankheitsbedingten Einschlafstörungen helfen und Ängste und Depressionen reduzieren. In der aktiven Musiktherapie hingegen improvisieren Patienten mit verschiedenen Instrumenten aus verschiedenen Kulturkreisen und entdecken dadurch schöpferische Fähigkeiten neu.
Tanztherapie
Ihren Anfang nahm die Tanztherapie zwar in den 1920er Jahren in Deutschland, doch im Zweiten Weltkrieg wanderten vielen Tänzerinnen und Tänzer in die USA aus und setzten dort ihre Arbeit fort.
Rudolf von Laban, ein Begründer der Bewegungsanalyse, verließ Deutschland, und die Schweizer Bühnentänzerin und Kabarettistin Trudi Schoop, die oft als weiblicher Charlie Chaplin bezeichnet wird, emigrierte nach Kalifornien und begann in den 1940er Jahren in psychiatrischen Kliniken mit psychotischen Patienten zu tanzen. Marian Chace, die 1896 in Rhode Island geboren wurde, versuchte schließlich, Aggressivität und Unruhe ihrer Patientinnen und Patienten mit ihren methodischen Ansätzen des therapeutischen Tanzes zu besänftigen und in kreative Bahnen zu lenken.
Inzwischen kommt die Tanztherapie auch in der Nachsorge von Krebs zur Anwendung. Der Tanz soll den Patientinnen und Patienten helfen, die Erkrankung Krebs aktiv zu verarbeiten, indem der Körper in der Bewegung neu entdeckt wird und Ressourcen insgesamt gestärkt werden. Zur Wirksamkeit haben die Wissenschaftler der Cochrane Collaboration einige Arbeiten zur Tanz- und Bewegungstherapie ausgewertet. Ob entsprechende Angebote helfen, mit den seelischen und körperlichen Folgen einer Krebserkrankung zurechtzukommen, vermögen die Cochrane-Autoren schlussendlich nicht zu sagen. Denn bis heute lägen zu wenige wissenschaftliche Arbeiten zu dieser Fragestellung vor. Doch insgesamt sind sich Experten einig: Krebspatienten profitieren in fast jeder Krankheitssituation davon, körperlich aktiv zu sein oder sich sportlich zu betätigen.
Kunsttherapie
Lange bevor sich die Disziplin der Kunsttherapie etabliert hat, haben Künstler ihre Ängste oder Hoffnungen im Bild festgehalten – so wie der spanische Maler Francisco de Goya in seiner Radierung „Der Schlaf (Traum) der Vernunft erzeugt (gebiert) Ungeheuer“. Darauf sitzt ein Mann auf einem Stuhl, den Oberkörper hat er in einer unbequemen Verrenkung auf einen Schreibtisch gelehnt und den Kopf auf die Arme gebettet. Hinter ihm erheben sich Eulen, Katzen, Fledermäuse, Monster und Schatten zu einer bedrohlichen Kulisse.
Die therapeutische Disziplin der Kunsttherapie entwickelten Psychologen und Kunsterzieher schließlich Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts zeitgleich in Europa sowie in den USA.
Die kunsttherapeutischen Sitzungen finden ungefähr alle zwei Wochen statt und bestehen aus einem kurzen Gespräch am Anfang, einem praktischen Teil und einem Abschlussgespräch. Was gemalt, modelliert oder gezeichnet wird, entscheidet der Patient oder die Patientin. Da macht es auch nichts, dass viele Teilnehmenden seit ihrer Kindheit keinen Pinsel mehr in den Händen gehalten haben. Die Werke, die während der Therapie entstehen, sind so unterschiedlich wie die Teilnehmenden. Einige thematisieren den Zeitpunkt der Diagnose. Anderen geht es nach der Reha um den Wiedereinstieg in den Beruf. Ist jemand sehr stark durch seine aktuelle Lebenssituation belastet, kann der Therapeut auch den Blick bewusst auf angenehme Dinge lenken und dadurch vorhandene Ressourcen stärken. „Gerade in der Onkologie wird die Bedeutung der kunsttherapeutischen Angebote geschätzt, da sie den Menschen zu einer aktiven Rolle in der Bewältigung ihrer Ängste, der Erschöpfungszustände, Depressionen und Schlafstörungen verhelfen“, sagt Harald Gruber, Kunsttherapeut in der Klinik für Tumorbiologie in Freiburg.
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