Frau Dr. Prokop, wie wichtig sind Nahrungsmittelergänzungsmittel für einen gesunden Menschen?
Untersuchungen zeigen, dass Deutschland kein Vitaminmangelland ist, und eine ausgewogene Ernährung führt dem gesunden Erwachsenen in aller Regel ausreichend Vitamine und andere essenzielle Nährstoffe zu. Aber es gibt natürlich Risikogruppen wie beispielsweise Schwangere und Stillende, bei denen der gezielte Einsatz bestimmter Vitamine oder Mineralstoffe sinnvoll sein kann, da ein gesteigerter Bedarf vorliegt, der nicht ausschließlich durch Lebensmittel gedeckt werden kann. Außerdem können Erkrankungen vorliegen, die Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll machen – beispielsweise bei einem Mangel von Eisen. Wird ein Mangel festgestellt, sollte aber auch immer geguckt werden, woran es liegt. Besteht eine Grunderkrankung? Oder fehlt eine Ausgewogenheit im täglichen Speiseplan?
Sollte ein Betroffener dem Mangel mit Tabletten oder Lebensmitteln begegnen?
Das ist im Einzelfall individuell abzuklären. Bei der Nahrung ist ganz wichtig, auf die richtige Kombination von Lebensmitteln zu achten. Um beim Beispiel Eisen zu bleiben: Außer Fleisch gilt Getreide als guter Eisenlieferant. Im Getreide ist aber ein Stoff enthalten, der die Eisenaufnahme hemmt. Dieser Hemmung kann man durch Vitamin C vorbeugen. Das heißt, zum Frühstück gibt es zum Müsli ein Glas Orangensaft. Und keinen Kaffee. Denn Kaffee führt wiederum zu einer Hemmung der Eisenaufnahme.
Welche Vitamine müssen auch Gesunde möglicherweise zuführen?
Vitamin D, das wichtig für die Regulierung des Calcium-Spiegels im Blut und beim Knochenaufbau ist, und bei bei einer veganen Ernährung Vitamin B12. Vitamin B12 ist an der Blutbildung beteiligt, und schützt das Herz-Kreislauf-System.
Wann fehlt Vitamin D?
Vitamin D ist ein Vitamin, das bei Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet wird und das wir nicht ausreichend über die Nahrung aufnehmen können. Es gibt natürlich Nahrungsmittel, in denen Vitamin D enthalten ist – Eigelb oder Fisch beispielsweise. Aber verfügbar sind nur Spuren von Vitamin D, die nicht wirklich dazu beitragen, dass wir den Bedarf decken können.
Wie viel Sonne muss man denn für einen aufgefüllten Vitamin D- Speicher tanken?
Bei Personen, die sich regelmäßig im Freien aufhalten, reicht etwa eine halbe Stunde pro Tag Ganzkörperexposition aus, um ausreichend Vitamin D zu bilden. Wenn mal über das Jahr verteilt häufiger in sonnenreiche Regionen in den Urlaub fährt, hat man vermutlich keine Probleme mit seinem Vitamin-D-Haushalt. Aber auch hier kann es schwierig werden, da Sonnenschutzmittel die Bildung von Vitamin D hemmen. Die Gefahr für einen Mangel ist bei einem typischen, verregneten Hamburger Sommer hoch.
In diesem Juli hat die Sonne in Hamburg nur 180 Stunden in Hamburg geschienen, das sind weniger als sechs Stunden pro Tag – in Norditalien kommen die Menschen im Juli auf ungefähr zehn Stunden Sonneneinstrahlung pro Tag.
Genau. Und im Fall eines solchen Hamburger Sommers reicht kein zweiwöchiger Urlaub im Süden, um die Speicher für ein Jahr aufzufüllen. Da sollte jeder, der nicht viel in der Sonne war, zum Winter hin den Vitamin-D-Spiegel kontrollieren lassen. Besteht ein Mangel, muss mit einem Vitamin-D-Supplement aufgestockt werden. Denn im Winter kann der Körper kein Vitamin D bilden.
Gibt es keine Alternativen?
Wir werden den Teufel tun und sagen, dass man ins Solarium gehen sollte – dann bekommen wir Arger mit den Hausärzten – und zwar zurecht! Die einzige Chance, den Vitamin-D-Spiegel aufzufüllen, besteht in den Nahrungsergänzungstabletten.
Was empfehlen Sie Menschen, die sich vegan ernähren?
Veganer sollten Vitamin B12 supplementieren. Denn Vitamin B12 wird von speziellen Mikroorganismen produziert und ist fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorzufinden – also in Fisch, Fleisch, Milchprodukten und Eiern.
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