Nervenerkrankungen: Ursachen, Symptome und Behandlung

Sie können einfach nur blank liegen – aber auch krank werden: Welche Nervenerkrankungen es gibt, was man tun kann

Nervenerkrankungen: Ursachen, Symptome und Behandlung

Multiple Sklerose, Ischias, Trigeminus-Neuralgie und Polyneuropathie sind weit verbreitete Nervenkrankheiten. Bild © Kaja Paradiek

Sie liegen blank, sind zum Zerreißen gespannt, und man kann sie sogar verlieren – wenn es aber wirklich um Nervenerkrankungen geht, dann sind meist Missempfindungen im Spiel und Schmerzen. Nerven können unsichtbare Schäden erleiden und dringend Hilfe brauchen. Wer dann vergeblich wartet, dass die Beschwerden von allein weggehen, riskiert komplizierte Langzeitfolgen.

Weit verbreitete Nervenerkrankungen

Polyneuropathie: Taube Füße und Brennen

Einen Krampf im Fuß kennt jeder. Wenn die Muskeln dauernd krampfen und Ausschütteln gar nichts hilft, dann könnte mehr dahinterstecken – womöglich eine Neuropathie. Dabei erkranken Nervenfasern in Armen und Beinen und leiten nicht mehr richtig, es kommt zu Funktionsstörungen. Sind mehrere Körperteile betroffen, spricht man von einer Polyneuropathie. Gefühllosigkeit bis hin zur Lähmung oder auch brennende Schmerzen sind für eine Polyneuropathie  typisch.

Solche Schäden an den peripheren Nerven – die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen – sind manchmal genetisch bedingt. Häufiger entstehen sie nach Unfallverletzungen oder Virusinfekten (Masern, Herpes), durch hohen Alkoholkonsum und bei Diabetes. Ein weiteres Risiko könnte auch einseitige Ernährung sein, wie Professor Peter Berlit, Chefneurologe des Essener Krupp-Krankenhauses, vermutet. Denn speziell ein Vitamin-B12-Mangel könne zu bleibenden Nervenschäden führen, so der Experte.

Um chronische Nervenschmerzen zu lindern, wird unter anderem die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) eingesetzt, die an der Berliner Charité einen guten Ruf hat. Diese physikalische Therapie lässt sich sogar zu Hause durchführen.

Karpaltunnelsyndrom: Schmerzen im Arm

Ein eingeklemmter Nerv im Arm verursacht mehrere Probleme auf einmal: Es kribbelt in der Hand, die Finger fühlen sich taub an, und manchmal zieht ein Schmerz bis in die Schulter. Die Ursache dafür liegt im Karpaltunnel. Das ist ein von Bändern überwölbter Kanal oberhalb des Handgelenks. Durch ihn ziehen sich Mittelnerv und Sehnen. Schwillt das umliegende Bindegewebe an, kommt Druck auf den Nerv. Meistens passiert das, weil das Handgelenk überlastet wurde.

Immer häufiger betroffen sind Computernutzer, die viel mit der Maus arbeiten, weiß Professor Christan Bischoff, Facharzt für Neurologie in München. Doch viele tippen, wenn es am Handgelenk wehtut, auf eine Sehnenscheidenentzündung. Diese verschwindet nach Ruhigstellen und Kühlen des Arms wieder. Nicht unbedingt so eine Nervenreizung. Eine Armschiene und Kortison können den Nerv beruhigen. Bleibt er jedoch eingeklemmt, verkümmern auf Dauer die Daumenmuskeln. Manchmal hilft nur eine ambulante Operation, um im Karpaltunnel wieder Platz zu schaffen.

Um sicherzugehen, dass es sich wirklich um ein Karpaltunnelsyndrom handelt, rät die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie dazu, die Leitgeschwindigkeit des Mittelnervs messen zu lassen. Was den Druck auf den Nerv verringern hilft: Mit angewinkelten Armen die Handflächen vor der Brust aneinanderlegen, Arme leicht absenken und 30 Sekunden die Dehnung halten.

Ischias: mehr als ein Hexenschuss

Eine unglückliche Bewegung reicht schon aus, und der Ischiasnerv zwingt einen in die Knie. Dann nämlich, wenn verhärtetes Muskelgewebe oder verknöcherte Wirbelbänder plötzlich auf diesen Rückennerv drücken. Man merkt es an stechenden Kreuzschmerzen, die bis ins Bein schießen. Jeder Zehnte bekommt einmal im Leben den Ischias zu spüren.

Anders als bei einem Hexenschuss entsteht bei einer Ischialgie ein taubes Gefühl im Bein, und die Kreuzschmerzen lassen nach Tagen nicht nach. Verkrampftes Sitzen, zu wenig Bewegung und Rauchen erhöhen das Risiko für diese Nervenreizung.

In den meisten Fällen aber geht ein Bandscheibenvorfall voraus: Gewebe quillt aus einem gerissenen Faserring an der Wirbelsäule, drückt auf die Nervenwurzeln, und sie entzünden sich.

Vor allem Jüngere entscheiden sich oft für eine Rückenoperation, um den Schaden in Ordnung bringen zu lassen. Studien aus den USA und den Niederlanden an mehr als 750 Patienten zeigten aber, dass eine konservative Behandlung einer Ischialgie nach Bandscheibenvorfall – mit entzündungshemmenden Spritzen, Massagen und Rückenschule – am Ende fast genauso gut wirkt wie ein chirurgischer Eingriff.

Regelmäßige Bewegung ist bei gereiztem Ischiasnerv Pflicht, sagt die Deutsche Neurologische Gesellschaft. Die richtigen Übungen sollte man sich vom Physiotherapeuten zeigen lassen. Nichts falsch machen könne man mit Aquajogging, so die Fachgesellschaft.

Trigeminus-Reizung: blitzartiger Schmerz

Die Schmerzen, die dieser Gesichtsnerv auslösen kann, sind unerträglich und stehen ganz oben auf der Schmerzskala, bestätigt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.

Typisch sind einseitige, blitzartige Attacken. Der Trigeminus, auch „Drillingsnerv“ genannt, leitet sensible Informationen aus Ober-, Unterkiefer und von der Augenpartie ins Gehirn. Stoßen kleinste Blutgefäße an seine Wurzeln, können die Wurzeln Schaden nehmen, und dann kommt es zu Kurzschlüssen in der Nervenleitung. Manchmal reicht schon ein Windhauch auf der Wange, um eine Schmerzattacke auszulösen.

Anders als bei Migräne oder Clusterkopfschmerz wirken Kopfschmerzmittel bei einer Trigeminusneuralgie nicht. Carbamazepin hilft, ein Wirkstoff zur Behandlung von Epilepsien. Als vielversprechende Therapie gilt auch Botox, wie eine Studie der Universität Kairo belegt. In die Gesichtsmuskeln gespritzt, glättet dieses Nervengift nicht nur Falten, es betäubt zudem den Trigeminus, wenn nichts anderes mehr hilft.

Multiple Sklerose: Diese Nervenerkrankung betrifft den ganzen Körper

Kribbeln, Krämpfe und Muskelschmerzen – so kann sich eine Nervenerkrankung äußern, bei der sich Nerven im Gehirn und im Rückenmark entzünden und Narben im Gewebe – Sklerosen – bilden.

Bei multipler Sklerose (MS) greifen körpereigene Abwehrzellen die Schutzhüllen von Nervenbahnen an, sodass diese teilweise blank liegen und Impulse nicht mehr richtig leiten.

Heilbar ist MS noch nicht, aber behandelbar. Häufig so gut, dass die meisten Patienten sehr lange ein fast normales Leben führen können.

Nach Angaben der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft sind mindestens 130.000 Deutsche betroffen, mehrheitlich Frauen ab dem 20. Lebensjahr. Jedes Jahr kommen etwa 2.500 neue Fälle hinzu.

Da MS anfangs vielen neurologischen Krankheitsbildern ähnelt, können bis zur Diagnose allerdings Jahre vergehen – verlorene Zeit für die Therapie.

Oft fängt es beim Sehnerv an. Erste Anzeichen können daher Doppelbilder oder unscharfes Sehen sein. Was die Nervenerkrankung auslöst, weiß man bisher nicht. Einiges spricht dafür, dass der Ausbruch mit früheren Virusinfektionen oder einem Vitamin-D-Mangel zusammenhängt.

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