Organspende: Das geht jeden etwas an

Die Organspende nach dem Tod folgt strengen Regeln, denen ärztliches Fachpersonal folgen muss. Wir haben einen Überblick über Organspendeausweis und Co. zusammengestellt

Organspende: Das geht jeden etwas an

Organspende funktioniert mit dem entsprechenden Ausweis.© Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Seit Anfang 2017 wird theoretisch jeder Franzose und jede Französin nach dem Tod automatisch zum Organspender. Es sei denn, der oder die Betroffene hat vor dem Ableben ausdrücklich einer möglichen Organspende widersprochen. Frankreich ist damit weltweit das 23. Land, das die Spende der eigenen Organe nach dem Tod auf diese Weise regelt. Das neue Gesetz bedeutet natürlich nicht, dass tatsächlich jeder Verstorbene Organspender wird. Doch die Maßnahme scheint sinnvoll angesichts des großen Bedarfs an Spenderorganen.

Nach einem Unfall oder einer schweren Krankheit ist die Organspende für viele Patientinnen und Patienten die einzige Therapie, die ihr Leben retten kann. Doch die Anzahl der durchgeführten Organspenden bleibt in Deutschland weiter hinter dem Bedarf zurück. So benötigten 2015 in Deutschland mehr als 10.000 Menschen ein neues Organ. Trotz 925.000 Todesfällen konnten aber nur von 877 Spendern Organe verpflanzt werden. Das Paradoxe: Die Mehrheit der Deutschen befürwortet die Organspende. Wie kann man helfen?

Wie kann man in Deutschland zum Organspender werden?

Anders als neuerdings in Frankreich gilt in Deutschland die Entscheidungslösung. Jeder soll die eigene Bereitschaft zur Organspende auf der Grundlage von Informationen prüfen und schriftlich festhalten.

Wie dokumentiere ich meine Entscheidung?

Das geht mit einem Organspendeausweis ganz einfach. Dieser lässt sich unkompliziert aus dem Internet ausdrucken.  Anschließend ausfüllen und ins Portemonnaie stecken oder an einen Ort seiner Wahl legen. Alternativ lässt sich kostenlos eine Plastikkarte bestellen, die die Bereitschaft zur Organspende dokumentiert. Überdies ist der Organspendeausweis in vielen Arztpraxen und Apotheken erhältlich. Eine weitere Möglichkeit ist, die Entscheidung irgendwo anders schriftlich niederzulegen oder seinen nächsten Angehörigen anzuvertrauen. Der Organspendeausweis wird aber ohnehin an keiner offiziellen Stelle registriert oder hinterlegt. Eine Entscheidung für die Organspende kann also jederzeit unkompliziert widerrufen werden.

Unter welcher Voraussetzung werden meine Organe entnommen?

Organe und Gewebe dürfen erst entnommen werden, nachdem der Tod des Organspenders festgestellt wurde. Das ist im Transplantationsgesetz streng geregelt. Der Hirntod ist definiert als Zustand der unwiederbringlich erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Das Gehirn ist dann als übergeordnetes Steuerorgan der elementaren Lebensvorgänge unwiderruflich ausgefallen, und der Tod des Menschen ist eingetreten. Die Diagnose Hirntod müssen zwei Mediziner unabhängig voneinander stellen.

Die einzige Ausnahme bildet die Lebendorganspende, bei der ein Organ oder ein Teil eines Organs von einem lebenden Menschen entnommen wird. Sie ist gesetzlich nur erlaubt, wenn kein Organ eines verstorbenen Menschen zur Verfügung steht. Lebend gespendet werden können eine Niere eines gesunden Menschen mit guter Nierenfunktion und ein Teil der Leber.

Wer erhält nach meinem Tod meine Organe?

Das kann im Voraus nicht gesagt werden. Es gibt viele Faktoren, die entscheiden, wer ein bestimmtes Spenderorgan bekommt. Dazu gehören zum Beispiel Blutgruppe, Alter, Gewicht und die Gewebemerkmale. Die Verteilung von Organen erfolgt ausschließlich nach medizinischen Kriterien wie Dringlichkeit und Erfolgsaussicht der Transplantation.

Die Stiftung Eurotransplant organisiert die Vermittlung der gespendeten Organe in acht europäischen Ländern (Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Slowenien, Ungarn), in denen zusammengenommen rund 134 Millionen Menschen leben. Vor allem 2012 stand die Organisation in der Kritik, ausgewählte Patientinnen und Patienten bevorzugt mit Spenderorganen zu versorgen. Seitdem haben Politik und Selbstverwaltung im Gesundheitswesen mit schärferen Regeln und Kontrollen reagiert.

Welche Vorerkrankungen schließen eine Organspende aus?

Ist jemand schwer erkrankt, beispielsweise an Krebs, entscheiden die Ärztinnen und Ärzte nach Befund, ob eine Organspende infrage kommt. Ist eine chronische Krankheit bereits bekannt, sollte diese auf dem Organspendeausweis unter „Platz für Anmerkungen/Besondere Hinweise“ notiert werden.

Gibt es eine Altersgrenze?

Nein. Entscheidend ist das biologische und nicht das kalendarische Alter. Auch die funktionstüchtige Niere einer 65-jährigen Verstorbenen kann einem Dialysepatienten wieder ein fast normales Leben schenken. Ob gespendete Organe für eine Transplantation geeignet sind, zeigt sich erst im Fall einer tatsächlichen Spende. Laut Transplantationsgesetz können Minderjährige ihre Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende ab dem 16. Geburtstag und ihren Widerspruch ab dem 14. Geburtstag erklären. Eine Einwilligung der Eltern ist nicht notwendig.

Info-Telefon

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben einen telefonischen Informationsdienst zur Organspende und Transplantation eingerichtet. Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr unter der kostenfreien Telefonnummer: 0800 90 40 400

Organspende aus Sicht einer Angehörigen

„Relativ kurz nachdem meine Mutter im Krankenhaus verstorben war, kam ein Arzt auf mich zu. Ob meine Mutter ihre Organe spenden würde, fragte er mich und sagte, dass sie aktuell sehr dringend eine Hornhaut-Spende benötigten. Ich war entsetzt. Mir so kurz nach dem Tod diese Frage zu stellen, fand ich pietätlos, und es hat mich überfordert. Außerdem hatte ich keine Ahnung, wie meine Mutter darüber gedacht hatte. Einen Organspendeausweis besaß sie nicht. Meine erste Reaktion war: Nein, auf gar keinen Fall! Die Vorstellung war mir einfach unerträglich. Mein Bruder war ebenfalls im Krankenhaus, und er blieb bei der Frage ganz ruhig. „Warum denn nicht?“, wandte er ein. „Unsere Mutter hat keine Schmerzen und keinen Nachteil durch die Spende. Im Gegenteil. Sie hilft jemandem nach ihrem Tod“. Es ist mir nicht leicht gefallen, aber ich habe schließlich doch zugestimmt. Auch mit zeitlichem Abstand bin ich sicher: Die Entscheidung war richtig. Ich selbst bin ebenfalls Trägerin eines Organspendeausweises.“


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