Psychische Erkrankungen in Deutschland: Ihre Zahl wächst an. Doch die Gründe sind komplex: „Ein Grund für die steigenden Diagnosen hängt damit zusammen, dass psychische Probleme heute weniger stigmatisiert sind“, erklärt Dr. med. Iris Hauth, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Das ist mitunter der Tatsache zu verdanken, dass in den letzten Jahren psychische Erkrankungen wie Depressionen auch bewusst in der Öffentlichkeit und den Medien thematisiert wurden. Die Schamgrenze, mit dem Arzt über das eigene seelische Befinden zu sprechen, sinkt. Ärzte sind daher heutzutage auch stärker für das Thema sensibilisiert und besser in der Lage, psychische Erkrankungen zu erkennen und zu behandeln.
Depressionen: Stress als Auslöser?
Depressionen werden heute besser erkannt. Das ist eine durchaus positive Entwicklung im Umgang mit psychischen Krankheiten, die den Patienten hilft. Doch es gibt immer noch viele Betroffene, die aus Angst oder Unwissenheit Therapiemöglichkeiten nicht nutzen, auf die sie ein Anrecht haben. Wenn Symptome nicht ernst genommen und rechtzeitig erkannt werden, kann aus ersten Ermüdungsanzeichen – ausgelöst beispielsweise durch dauerhaften Stress – eine gefährliche Depression entstehen.
Psychische Erkrankungen: Der Ursache auf den Grund gehen
Stress kann laut Prof. Ulrich Hegerl – Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe – Bestandteil einer Depression sein, aber nicht die Ursache. Es sei äußerst fahrlässig, Stress, Burn-out und Depression in eine Kategorie zu werfen. Die Ursachen einer Depression sind tiefgründig, vielfältig und individuell: Sie lassen sich biologisch, psychologisch und sozial erklären. Die Vererbung kann eine Rolle spielen – Umweltbelastungen wie dauerhafter Stress rütteln die Gene dann sozusagen wach – ebenso wie Traumata aus der Vergangenheit, die der Mensch nicht richtig verarbeitet hat.
Gute Behandlungsmöglichkeiten
Depressionen lassen sich in der Regel gut behandeln. In vielen Fällen empfiehlt sich eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. Medikamente wie Antidepressiva sind besonders dann ratsam, wenn ein Ungleichgewicht der Botenstoffe – der sogenann- ten Neurotransmitter – vorliegt. Antidepressiva erhöhen dann die Serotoninverfügbarkeit im Gehirn. Das steigert die Stimmung und stabilisiert so den Patienten. Die reine Behandlung von Symptomen kann dem Patienten auf Dauer nicht helfen. Denn was viele nicht wissen: Bei manchen Betroffenen äußern sich die Anzeichen einer Depression vor allem körperlich, z. B. durch Kopf- oder Rückenschmerzen.
Vertraute Ansprechpartner statt „Götter in Weiß“
Reden, Dinge auszusprechen und sich diesen zu stellen, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Prof. Dr. Grönemeyer wünscht sich eine vertrauensvolle Patienten- Arzt-Beziehung, „in der kein Patient Angst haben muss vor einem ‚Halbgott in Weiß‘, sondern sich aufgehoben fühlt“. Vertrauen in den eigenen Arzt zu haben und das Gefühl, sich öffnen zu können und ernst genommen zu werden, sind eben auch bei psychischen Leiden wie der Depression besonders wichtig, denn sie betrifft immer den Menschen als Ganzes.
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