Schilddrüse: Das passiert bei Über- und Unterfunktion

Ein dicker Hals hat manchmal nichts mit dem Körperfett, sondern mit der Schilddrüse zun tun. Sie kann ständige Schlappheit, aber auch Nervosität verursachen

Schilddrüse: Das passiert bei Über- und Unterfunktion

© Kristiane Vey/jump fotoagentur

Klar nimmt bei Männern die Kragenweite der Oberhemden mit der Zeit zu. Wir werden mit den Jahren ja alle nicht schlanker. Und dass das Silberkettchen aus Jugendtagen plötzlich am Hals spannt, ist auch normal. Oder? Ärzte wundern sich oft, dass Patienten mit einem deutlich sichtbaren Kropf (einer verdickten Schilddrüse) in der Praxis erscheinen, diesen aber selbst nie bemerkt haben. Wenn das Aussehen sich sehr allmählich verändert, gewöhnt man sich eben daran. Genauso wie an Beschwerden wie Müdigkeit, gedrückte Stimmung, Gedächtnisprobleme oder ständige Gewichtszunahme, die auf eine Unterfunktion der Schilddrüse hinweisen – und doch oft als Folge von Stress oder normale Begleiterscheinung des Älterwerdens einfach hingenommen werden. Aber auch eine Überfunktion, die sich etwa durch Nervosität, Gewichtsverlust, erhöhten Blutdruck, Schwitzen und Durchfall bemerkbar macht, kann mit einem Kropf einhergehen. Beide müssen es aber nicht. Die Schilddrüse sitzt an der Vorderseite des Halses, unterhalb des Kehlkopfes. Sie stellt die jodhaltigen Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) her und gibt sie ins Blut ab. Wie aktiv sie ist, wird durch das Steuerungshormon TSH aus dem Gehirn (genauer: der Hirnanhangdrüse) feinreguliert. T3 und T4 sind extrem wichtige Hormone, weil sie verschiedene ganz zentrale Dinge regeln: unter anderem den Energieverbrauch des Körpers, die Herztätigkeit sowie die Funktionen von Muskeln, Nerven und Gehirn. Auch die Sexualorgane werden von Schilddrüsenhormonen beeinflusst und sogar die Psyche. Logisch, dass es deshalb gravierende, aber zugleich ganz diffuse Auswirkungen hat, wenn die Schilddrüse zu viele oder zu wenige Hormone produziert.

Man kann sehr gut behandeln

Wenn das dann nicht erkannt wird, ist es auch deshalb unglücklich, weil sich Schilddrüsenerkrankungen grundsätzlich sehr gut behandeln lassen. Vor allem die Unterfunktion, bei der man die fehlenden Hormone ganz einfach per Tablette einnimmt. Bei einer Überfunktion gibt es Medikamente, die die Hormonbildung in der Schilddrüse hemmen, aber auch die sogenannte Radiojodtherapie. Hier wird radioaktives Jod ins Blut gespritzt, das sich in der Schilddrüse anreichert. Die Strahlung zerstört das überaktive Schilddrüsengewebe, ohne den Rest des Körpers zu schädigen. Manchmal wird auch operiert.

Zu wenig Jod ist fast nie der Grund

Aber wieso spielt die Schilddrüse eigentlich manchmal verrückt? Ein ausgeprägter Jodmangel, der immer einen Kropf auslöst, kommt dank Jodsalz auch im Süden Deutschlands nur noch ganz selten vor. Häufige Ursache einer Unterfunktion ist eine chronische Entzündung, die Hashimoto-Thyreoiditis (Schilddrüsenentzündung). Das ist eine sogenannte Autoimmunerkrankung, bei der die körpereigene Abwehr das Schilddrüsengewebe allmählich zerstört, sodass immer weniger Schilddrüsenhormone gebildet werden. Meist beginnt sie im Alter von 30 bis 50 Jahren, und sie betrifft überwiegend Frauen. Da sie oft mit dem Beginn der Wechseljahre zusammenfällt, werden Symptome wie Depressionen, Gewichtszunahme oder Erschöpfung dann häufig darauf geschoben. Deutlich seltener ist die Basedowsche Erkrankung. Das ist ebenfalls eine Autoimmunkrankheit, die aber zu einer übermäßigen Hormonproduktion und zu den typischen hervorquellenden Augen führt. Manchmal bilden sich in der Schilddrüse auch sogenannte autonome Knoten, die unabhängig von den Befehlen aus dem Gehirn Hormone produzieren. Gefährlicher sind allerdings Knoten, die gar keine Hormone bilden. Hier besteht der Verdacht auf einen bösartigen Tumor.

Alte Fotos sind aufschlussreich

Gerade wer sich oft schlapp fühlt oder nervös ist, sollte mal auf alten Fotos schauen, ob sein Hals früher schlanker war. Wenn ja, können Hausarzt oder -ärztin die Konzentration der Schilddrüsenhormone und des Steuerungshormons TSH im Blut bestimmen. Eine Ultraschalluntersuchung ist ebenfalls sinnvoll, in manchen Fällen auch eine Szintigrafie, die mithilfe einer speziellen Kamera sichtbar macht, wie viel zuvor markiertes Jod die Schilddrüse aufnimmt bzw. wie viele Hormone sie bildet. Diese Tests können schnell Aufschluss geben über eine Veränderung. Niemand muss sich mit einer Über- oder Unterfunktion der Drüse herumquälen. Man muss nur darauf kommen, dass etwas mit der Schilddrüse nicht stimmt.

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