Wir interviewten Katharina Ziegelbauer, Autorin und diplomierte Ernährungsberaterin nach TCM zum Thema TCM und Neurodermitis.
Frau Ziegelbauer, wie kamen Sie im Zusammenhang mit Ihrer Neurodermitis auf die Traditionelle Chinesische Medizin?
Bei mir fing die Neurodermitis an, als ich ungefähr zwölf Jahr alt war. Ich habe mich damals am ganzen Körper blutig gekratzt und gegen den Juckreiz alles Mögliche ausprobiert. Die Schulmedizin mit ihren oftmals kortisonhaltigen Hautcremes genauso wie alternativmedizinische Ansätze. Die Bioresonanztherapie zum Beispiel, bei der elektromagnetische Schwingungen des Körpers aufgefangen und zurückgesendet werden, oder eine Darmsanierung mit der F.X.-Mayr-Kur. Nichts half. Auf die Idee, dass meine Haut mit meiner Ernährung zusammenhängen könnte, kam ich nicht. Obwohl ich sehr viel Süßes und auch viel Fast Food konsumiert habe und man ja eigentlich weiß, dass das nicht optimal ist. Als ich 30 wurde und ich durch Zufall mit der Traditionellen Chinesischen Medizin in Berührung kam, war mein Leidensdruck sehr groß – und so beschloss ich, meine Ernährung nach der Traditionellen Chinesischen Medizin umzustellen.
Wie haben Sie das gemacht?
Ich habe erst einmal sehr viel selbst gekocht und versucht, drei Mal am Tag warm zu essen. Angefangen mit einem Haferflocken-Porridge zum Frühstück mit zum Beispiel getrockneten Pflaumen. Das kam mir sehr entgegen, da ich ja gerne süß esse. Dann habe ich mir ein selbst gekochtes Mittag- und Abendessen zubereitet mit Lebensmitteln, die die Neurodermitis und den Juckreiz nicht noch weiter befeuern.
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist eine Heilkunst, die sich vor über 2000 Jahren in China herausbildete und über die Jahrhunderte hinweg weiterentwickelte. Kennt sie das Phänomen der Neurodermitis?
Zunächst einmal ist es so, dass die Traditionelle Chinesische Medizin nicht von den westlichen Diagnosen ausgeht, sie betrachtet die Symptome und schließt davon ausgehend auf Zustände im Körper zurück – beispielsweise darauf, dass zu viel Hitze oder zu viel Feuchtigkeit vorhanden sind. Beides ist bei der Neurodermitis der Fall, deshalb wird die Erkrankung in der TCM auch „Wind der vier Beugen“ oder „hartnäckige Feuchtigkeit“ genannt. Hitze und Feuchtigkeit erkennt man bei Neurodermitikern ja oftmals schon mit bloßem Auge. Und zwar an der geröteten Haut, auf der sich manchmal nässende, also feuchte Ekzeme bilden. Typisch ist, dass die Haut im weiteren Verlauf der Erkrankung immer trockener wird, die Hitze also die guten Körpersäfte trocknet.
Wodurch entstehen Hitze und Feuchtigkeit nach TCM-Ansicht im Körper?
Es wird davon ausgegangen, dass eine angeborene oder erworbene Schwäche von Milz und Magen zu der Entstehung von Feuchter Hitze führt. Wobei die Organe nach TCM nicht mit den westlichen Organen gleichzusetzen sind. Die Milz zum Beispiel meint in der TCM nicht das Organ Milz, sondern ein ganzes System, das die Verdauungskraft genauso einschließt wie das lymphatische System, die Bauchspeicheldrüse, den „Geist“ Yi (Ratio) und vieles mehr. Aber zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Stoffwechsel bei der erworbenen oder angeborenen Milz- und Magen-Schwäche nicht optimal funktioniert. Dadurch verbleibt Feuchtigkeit im Körper. Wenn diese längere Zeit im Körper stagniert, entsteht durch die Körpertemperatur zusätzlich Hitze. Dieser Prozess wird unterstützt durch eine ungünstige Nahrung. Das heißt durch zu viel Süßes, zu viel Fettes, zu viel Scharfes.
Welche Lebensmittel sollten Neurodermitiker meiden?
Chili, Ingwer, Knoblauch, Gewürztees, Pfeffer, Kaffee, scharf angebratenes Fleisch, Weißmehl – all das verstärkt die Hitze im Körper und sollte nur in Maßen genossen oder schonend zubereitet werden. Zwiebeln beispielsweise entfalten weniger Hitze, wenn man sie nicht in der Pfanne brät, sondern im Wasser kocht oder sanft dünstet, vielleicht als Zugabe bei einem Tafelspitz. Pfefferminztee, auch wenn er heiß getrunken wird, ist von seiner thermischen Wirkung hingegen kühlend. Reis kann gut dazu genutzt werden, Feuchtigkeit auszuleiten. Kuhmilch, Jogurt, Orangensaft und Smoothies wirken etwa stark befeuchtend und sollten eher gemieden werden.
Sie bieten für Menschen mit Neurodermitis einen Online-Kurs zur Traditionellen Chinesischen Medizin an. Wie lange dauert es ungefähr, bis sich die Haut nach der Ernährungsumstellung ändert?
Das ist individuell sehr verschieden. Manche Kursteilnehmende berichten schon nach wenigen Wochen von einer Besserung. Insgesamt muss man aber schon Zeit mitbringen. Bei mir hat es ungefähr ein Jahr gedauert. Wobei sich mein allgemeines Wohlbefinden schon viel früher verbessert hat, ich war rasch fitter und hatte mehr Energie.
Wie geht es Ihrer eigenen Haut heute?
Sehr gut! Als ich mit meinem Sohn und danach mit meiner Tochter schwanger war, hat sich der Juckreiz noch einmal zurückgemeldet. Und auch wenn ich über die Stränge schlage und sehr viel Süßes esse oder zu einem sehr scharfen Essen bei Freunden eingeladen bin, spiegelt mir meine Haut das ebenfalls wieder. Genauso schnell pendelt es sich aber auch wieder ein, wenn ich zu meinen TCM-Ernährungsgewohnheiten zurückkehre.
Beitragsbild ©iStock/marilyna
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