Tinnitus: Ich höre was, was du nicht hörst

Es rauscht, pfeift und zischt im Ohr: Millionen Menschen hören Töne, die es nicht gibt – der Tinnitus ist ihr ständiger Begleiter. Doch woher kommt er und wie behandelt man ihn?

Tinnitus: Ich höre was, was du nicht hörst

Woher kommt Tinnitus? / ©iStock/bowie15

Absolute Stille gibt es nicht. Das Ohr produziert ständig Geräusche und Töne. Verantwortlich dafür sind Tausende Haarzellen im Innenohr, die im Ohr Schallwellen in Nervenimpulse umwandeln und über den Hörnerv zum Hörzentrum im Gehirn leiten. Stille gaukelt uns das Gehirn nur vor: Es hat gelernt, Geräusche, die bei Ruhe vom Innenohr kommen, zu filtern.

Akuter Tinnitus wird meist durch Lärm ausgelöst

Wenn das Pfeifen, Rauschen und Dröhnen im Ohr nicht mehr nachlässt, sprechen Ärzte von Tinnitus. Allein in Deutschland sind über 11 Millionen Menschen betroffen. Tinnitus kann rund 90 verschiedene Ursachen haben – vom Ohrschmalzpfropf bis zum Stress. Der häufigste Auslöser ist Lärm, der die empfindlichen Haar- zellen schädigt. Sie melden dann Töne ans Gehirn, die gar nicht da sind. Dauern diese über mehrere Stunden an, sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen. Akuter Tinnitus wird meist mit Kortison behandelt. Liegen muskuläre Störungen zugrunde, kann Krankengymnastik die Töne zum Schweigen bringen. Unterstützt werden kann die Behandlung mit pflanzlichen Mitteln, im besonderen Ginkgo. Bei rund 60 Prozent der Betroffenen verschwinden die Ohrgeräusche nach Tagen oder Wochen – warum der Ton bei manchen verschwindet und anderen nicht, lässt sich häufig nicht nachvollziehen.

Chronische Ohrgeräusche: Die Wurzel des Übels liegt im Gehirn

Bei chronischem Tinnitus – Ohrgeräuschen, die länger als drei Monate andauern – ist die Sache etwas komplizierter. Die Reizung im Ohr ist abgeklungen, trotzdem nimmt das Hörzentrum störende Töne wahr. Diese Phantomtöne beruhen auf einer Signalverarbeitungsstörung des Gehirns. Um das fehlende Reizangebot aus dem Ohr auszugleichen, erhöht es die Nervenaktivität in der zentralen Hörbahn. Diese Überaktivität nehmen Betroffene als Ohrgeräusch wahr. Ein Großteil der Betroffenen empfindet die Töne nicht als störend. Bei einigen Menschen aber stuft das limbische System – im Hirn für das Gefühlsleben zuständig – den Tinnitus als Bedrohung ein. Sie entwickeln Ängste, sorgen sich, schlafen schlecht, können sich nicht mehr konzentrieren und empfinden Umgebungsgeräusche als unerträglich. Soziale Isolation und seelische Probleme sind oft die Folge. Besonders für sie ist es wichtig zu wissen: Mit passenden Maßnahmen können Tinnitus-Geplagte das Getöse im Ohr dauerhaft aus ihrem Bewusstsein verbannen.

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