Es ist ein Dilemma: Genau der Teil der UV-Strahlung, der Sonnenbrand und Hautkrebs verursacht, wirft auch die Produktion von Vitamin D in der Haut an. Und viele Menschen haben zu wenig Vitamin D. Doch zugleich steigen die Hautkrebsraten. Aber wie macht man es denn nun richtig? Was Sie wissen müssen, damit nicht nur die Haut, sondern der ganze Mensch gut durch den Sommer kommt.
Warum ist Vitamin D überhaupt so wichtig? Schützt es wirklich vor Herzinfarkt und Diabetes?
In den vergangenen Jahren gab es einen regelrechten Hype um Vitamin D: Immer neue Studien gaben immer neue Hinweise auf Wirkungen des Vitamins gegen die verschiendensten (chronischen) Krankheiten. Experten wie Dr. Daniela Strohm von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sind skeptisch. „Ob Vitamin D vor Krebs, Herzinfarkt oder Diabetes schützt, ist bisher nicht eindeutig belegt“, sagt die Ökotrophologin. Die wichtigste Funktion des Stoffes ist und bleibt, für stabile Knochen zu sorgen: Er steuert die Aufnahme von Kalzium und sorgt dafür, dass es in den Knochen eingebaut wird.
Auch Muskelkraft und Gleichgewicht hängen mit einer guten Vitamin-D-Versorgung zusammen. Außerdem beeinflusst Vitamin D die Aktivität des Immunsystems und ist wichtig für eine gesunde Entwicklung von Zellen.
Wird auch während der fünf Minuten Sonne auf dem Weg zur Arbeit Vitamin D produziert?
Ja! „Es braucht keine Anlaufzeit, die Produktion beginnt bei Sonneneinstrahlung sofort“, erklärt Dr. Beate Volkmer von der Arbeitsgemeinschaft dermatologische Prävention. „Die kurzen Wege im täglichen Tagesablauf, etwa zum Bäcker, zur Bahn oder während der Mittagspause, reichen zusammengenommen oft schon aus, um genug Vitamin D zu bilden.“ Pro Tag sollten es 15 Minuten Sonne auf Gesicht, Armen und Händen sein, im Hochsommer können schon wenige Minuten reichen, im Frühjahr und Herbst kann eventuell ein wenig mehr nötig sein – bis maximal 25 Minuten. „Mit dieser Dosis werden sogar die Speicher für den Winter aufgefüllt“, erklärt Dr. Volkmer. Gut zu wissen: Längeres Sonnen erhöht nur das Risiko für Sonnenbrand und Hautkrebs – mehr Vitamin D bringt es nicht. „Nach rund 15 Minuten ist ein sogenannter Peak erreicht, es wird erst mal kein weiteres Vitamin D gebildet“, so die Expertin.
Gilt das auch, wenn Sonnencreme oder eine Tagescreme mit Lichtschutzfaktor auf der Haut ist?
Mit Einschränkung. Ein Lichtschutzfaktor 20 filtert 95 Prozent der UV-Strahlung heraus, fünf Prozent dringen in die Haut ein und sorgen dort für die Vitamin-D-Synthese. Bei Lichtschutzfaktor 50 kommen nur noch zwei Prozent der Strahlen an. Also wird zwar Vitamin D produziert, aber deutlich weniger. So weit zur Theorie. In der Praxis ist die Datenlage uneinheitlich: Einige Studien zeigen niedrigere Vitaminwerte, wenn Sonnencreme verwendet wurde. In einer anderen Untersuchung dagegen hatte selbst großzügiges Eincremen keinen Einfluss auf den Vitamin- D-Spiegel.
Und wenn es wolkig ist?
Selbst bei bedecktem Himmel kommt in der Zeit von März bis Oktober genug UVB-Strahlung durch, um Vitamin D zu bilden – und um Sonnenbrand zu verursachen. Wie stark die Strahlung ist, sagt der aktuelle UV-Index, den das Bundesamt für Strahlenschutz berechnet (immer aktuell etwa auf www.dwd.de). „Im Winter dagegen reicht die Sonnenstrahlung in Deutschland zur Vitamin-D-Bildung nicht aus“, sagt Daniela Strohm.
Ließe sich der Bedarf über die Nahrung decken?
Das ist kaum zu schaffen: „Um 20 Mikrogramm Vitamin D pro Tag über Nahrungsmittel aufzunehmen, müsste man schon sehr viel fetten Fisch essen“, so Expertin Strohm. Bis zu 400 Gramm Lachs, Forelle oder Thunfisch stünden jeden Tag auf dem Tisch, bei Vegetariern über 600 Gramm Ei oder ein ganzes Kilo Pfifferlinge.
Also, was ist zu tun?
Für ausreichend Vitamin D sollte man jeden Tag an die Luft gehen und ein- bis zweimal pro Woche fetten Seefisch essen. Ansonsten gilt: Ein Vitamin-D-Präparat löst das Sonnendilemma auf. Vor einer Nahrungsergänzung per Tablette sollte jedoch grundsätzlich beim Arzt mit einem Bluttest (gemessen wird die 25-Hydroxy- Vitamin-D-Konzentration im Serum) festgestellt werden, ob überhaupt ein Defizit besteht.
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