Lena, du unterrichtest Vinayasa Yoga, eine dynamische Form des Yoga. Was magst du daran besonders?
Vinyasa setzt eine ganz besondere Energie frei. Es verhilft einem dazu, sich lebendig zu fühlen. Ich fordere mich auch gerne, ich möchte beim Yoga schwitzen und an meine Grenzen kommen. Das gibt Vinyasa Yoga mir.
Würdest du sagen, dass du bereits währenddessen entspannst, oder ist es das gute Körpergefühl im Anschluss?
Beim Vinyasa Yoga hat man eigentlich relativ viel mit sich selbst zu tun. Du musst dich richtig ausrichten und gut in deiner Haltung stehen. Du musst auf deinen Atem achten, was gar nicht einfach ist. Und so hast du gar keine Zeit, an etwas anderes zu denken. Du bist 90 Minuten wirklich bei dir. Das ist ein richtiger Gedankenurlaub. Und währenddessen hinterfragst du dich immer, ob es sich gut anfühlt und ob du in der Haltung weitergehen kannst. Du kannst ja immer entscheiden, wie tief du in eine Asana gehst. Währenddessen entspannst du natürlich total.
Hast du eine Lieblingsyoga-Übung oder -abfolge?
Tatsächlich finde ich Detox-Flows ganz gut. Hierbei liegt der Fokus liegt in der Körpermitte, und der Bauch wird in den Übungen gedreht – getwistet. Dazu muss man wissen: Während du oder vielmehr dein Bauch in so einem Twist bist, twistest du auch deine inneren Organe. Sie werden quasi wie ein nasser Schulschwamm ausgewrungen. Und Stoffe, die wir über die Nahrung oder Getränke aufnehmen, und die wir nicht mehr brauchen, werden im Anschluss an die Übungen schneller ausgeschieden. Der Bauch ist spürbar flach danach. An den Tagen, an denen ich diesen Detox-Flow mache, fühle ich mich immer richtig gut.
Hilft Yoga auch bei Einschlafproblemen?
Ja. Wenn man im Yoga ins Rad oder in die Brücke geht, spricht man von Rückbeugen. Der Herzraum öffnet sich, und setzt ganz viel Energie frei. Rückbeugen machen also eher wach. Genauso gibt es Vorbeugen. Da lässt man den Kopf nach vorne fallen und macht den Rücken rund. Das sind Haltungen, die entspannen. Wenn ich Einschlafprobleme oder hektische Phasen im Leben habe, mache ich entsprechend Yoga mit mehr Vorbeugen – so wie im Yin Yoga.
Wie sieht dein Morgenritual aus? Hast du Tipps für einen guten Start in den Tag?
Ich trinke heißes Wasser am Morgen, das kommt ja aus dem Ayurveda, und damit mache ich gute Erfahrungen. Und ich setze mich ungefähr zehn Minuten hin, schließe die Augen und atme einfach. Das ist ein wirklich guter Start – und natürlich viel besser, als direkt nach dem Handy zu greifen. Das sich abzugewöhnen, ist sicher immer eine gute Idee, am besten man verbannt es komplett aus dem Schlafzimmer. Mein Tipp also: Morgens im Bett aufsetzen, Augen schließen und einfach ein paar Minuten durchatmen. Das ist so einfach und gibt so viel.
Gehört Yoga auch zu deiner Morgenroutine?
Momentan schon, gerade morgens. Aber ich setze mich nicht unter Druck. Wenn ich einen frühen Termin oder schlecht geschlafen habe, dann lasse ich es auch mal ausfallen. Das ist meiner Meinung nach besser als stur seine Morgenroutine durchzuziehen. Ich versuche wirklich danach zu gehen, was mein Körper mir signalisiert und wozu ich Lust habe. Was mir Spaß macht. Achtsamkeit kann dafür ein Schlüssel sein.
Sonst gerät man in einen Abhak-Modus.
Genau. Ich hatte auch Phasen, in denen ich morgens erst Yoga gemacht habe, dann war ich joggen und anschließend habe ich mich noch beim Cross-Fit verausgabt. Aber das ist einfach zu viel und tut dem Körper nicht mehr gut. Und natürlich kann es an einem schönen, sonnigen Tag genauso gut sein, joggen zu gehen. Ich glaube, es ist gut, sich ganz bewusst wahrzunehmen, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören und sich nicht zu viel zuzumuten.
Du hast dich einmal mit einem Mönch in Myanmar unterhalten. Was hat er dir mit auf den Weg gegeben?
Das war im Anschluss an meine Yoga-Ausbildung in Australien. Ich habe damals eine alte, goldene Pagode in Myanmar besichtigt und meinte zu meinem damaligen Freund, dass ich mich gerne einmal mit einem Mönch über Yoga unterhalten würde. Wir standen an einer Mauer, und in der Nähe saßen einige Mönche in ihren weinroten und gelben Gewändern. Plötzlich sagte einer zu mir: „Dann komm doch und frag mich!“ Ich war so aufgeregt! Fast so, als hätte mich die Bundeskanzlerin angesprochen! Ich habe ihn dann gefragt, warum er Yoga macht. Was ist das Ziel? Das hatte mir meine Lehrerin in Australien eigentlich nie so richtig erklären können. Ist es das Ziel, erleuchtet zu sein? Er meinte: nein. Es gehe vielmehr um den Weg. Und darum, dass Yoga dir immer als Freund zur Seite steht. Gerade in schwierigen Situationen – Yoga ist immer da. Du kannst damit zu dir selbst finden, dich nach und nach erkennen. Und natürlich geht es bei dieser Erkenntnis, bei dem Weg, nicht nur um Yoga auf der Matte oder Yoga in der Meditation. Sondern auch darum, was du isst – wenig Fleisch oder tierische Produkte zum Beispiel. Und wie du mit dir und anderen Menschen umgehst.
Also darum, Selbstfürsorge und Fürsorge für andere zu übernehmen.
Ja. Ich habe durch Yoga auch meine Kommunikation mit anderen Menschen verändert. Bevor ich, nur ein Beispiel, meiner Freundin sage, dass ich ihren Ex mit einer neuen Freundin gesehen habe, überlege ich mir zunächst: Was hätte sie davon? Hilft es ihr, oder verletzt sie das vielleicht unnötig? Auch solche kleinen Dinge im Alltag sind Yoga.
Danke für das Gespräch.
In einer Langfassung können Sie das Gespräch hier nachhören.
Lena Loewer
hat mit 24 ihren Job gekündigt und ist nach Australien gereist, um herauszufinden, wer sie ist und was sie vom Leben möchte. Dort nahm sie ihre erste Yoga-Stunde. Inzwischen betreibt sie mit Lu-Yoga ein eigenes Yogastudio in Essen-Kettwig – in einem wunderschönen Altbau-Loft mit hohen Rundbogenfenstern.
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