Eines mal vorweggenommen: Die meisten Frauen kommen sehr gut ganz ohne Medikamente durch die Wechseljahre. Doch es gibt eben auch viele andere: Wenn um den 50. Geburtstag herum die Hormonproduktion der Eierstöcke nachlässt, spüren sie den Hormonmangel. Sie fühlen sich gereizt oder deprimiert, die Gelenke schmerzen, die Haare sind nicht mehr so voll wie früher, und Haut und Schleimhäute werden trockener. Am nervigsten finden die meisten aber heftige Hitzewallungen. Von einer Minute auf die andere klatschnass geschwitzt, der Kopf knallrot – das ist nicht nur lästig, sondern auch peinlich, wenn es bei einem geschäftlichen Meeting, in einem Laden oder im Restaurant passiert.
Was sanfte Mittel können
Völlig ausgeliefert ist man den Hitzewallungen allerdings nicht. Studien haben gezeigt, dass Frauen, die regelmäßig Ausdauersport (wie Walken, Laufen, Radfahren, Schwimmen) treiben, viel seltener davon geplagt werden. Denn das Kreislauftraining wirkt sich günstig auf die Blutgefäße aus. Diese erweitern sich dann nicht so leicht völlig unkontrolliert, wie es bei Hitzewallungen der Fall ist. Denselben Effekt haben regelmäßige Saunabesuche und heißkalte Wechselduschen, auch sie sind ein gutes Gefäßtraining. Mit dem richtigen Essen kann man ebenfalls etwas bewirken, so raten beispielsweise Ayurveda-Ärzte zu „kühlenden“ Speisen wie Salatgurke, Melonen, bitterem Gemüse wie Artischocken oder Chicorée und Joghurt oder Buttermilch. „Wärmendes“ Essen wie Butter, Sahne, heiße Gemüsesuppen oder Gewürze wie Ingwer, Pfeffer oder Chili sollte man dagegen eher weglassen. Pflanzliche Arzneimittel aus der Traubensilberkerze oder Sibirischem Rhabarber sind aussichtsreiche Helfer, und homöopathische Mittel wie Sepia, Sulfur oder Belladonna kann man versuchen, jeweils in der Potenz C6. Italienische Forscher zeigten zudem kürzlich, dass auch Akupunktur gegen Hitzewallungen wirkt.
Wann Hormone zum Einsatz kommen
Es gibt aber auch Fälle, in denen die Schweißausbrüche mit natürlichen Mitteln einfach nicht in den Griff zu bekommen sind. Etliche Studien haben gezeigt, dass Hormonpräparate nach wie vor am wirksamsten sind gegen wirklich schwere Wechseljahrsprobleme. Doch die meisten Frauen haben Angst vor den Hormonpillen, seitdem amerikanische und britische Studien vor 15 Jahren gezeigt haben, dass solche Medikamente das Risiko erhöhen, Brustkrebs, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen. Inzwischen wurden jedoch weitere Langzeituntersuchungen veröffentlicht, die teilweise Entwarnung geben. Eine dänische Studie zeigte beispielsweise, dass Frauen, die schon mit 50 begonnen hatten, Hormonpräparate zu nehmen, nach zehn Jahren kein erhöhtes Brustkrebsrisiko und sogar ein besonders geringes Infarktrisiko hatten. Einer finnischen Studie zufolge verringert eine Hormontherapie bei Frauen zu Beginn der Wechseljahre das Brustkrebsrisiko, selbst wenn sie die Mittel deutlich länger als die zurzeit empfohlenen maximal zwei Jahre einnehmen. Auch Forscher, die früher vor den Hormonen gewarnt hatten, räumen mittlerweile ein, dass für Frauen, die gleich zu Beginn der Wechseljahre Hormone nehmen, das Risiko sehr gering ist. Vorausgesetzt, es bestehen keine weiteren individuellen Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck, Rauchen, Thromboseneigung oder erblicher Brustkrebs in der Familie. Nach wie vor gilt aber: Hormone sollte man nur bei ausgeprägten Beschwerden nehmen und dann so kurz wie möglich – nach ein bis zwei Jahren sollte man versuchen, sie allmählich „auszuschleichen“. Und, auch wichtig: Es ist besser, nicht erst mit über 60 damit anzufangen.
Sind naturidentische Hormone besser?
Hormonpräparate gegen Wechseljahrsbeschwerden enthalten normalerweise synthetische Östrogene und Gestagene. Sie sind chemisch nicht völlig identisch mit den natürlichen Hormonen, die im Eierstock gebildet werden. Das ist bei den sogenannten bioidentischen Hormonen, zum Beispiel 17-Beta-Östradiol, Östron oder Progesteron, anders. Sie sind von der chemischen Struktur her identisch mit den natürlichen Hormonen, werden aber auch im Labor hergestellt, beispielsweise auf Basis von Pflanzenstoffen aus Soja oder Yamswurzel. Und übrigens: Ob bioidentische Hormone das Brustkrebssowie das Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko erhöhen oder nicht, dazu gibt es bisher noch keine zuverlässigen Studien. Hormone gelangen auch durch die Haut und werden deshalb gern in Cremes oder Gelen individuell nach ärztlichem Rezept verarbeitet. Das soll, so die Befürworter, eine sehr individuelle, möglichst gering dosierte Therapie ermöglichen, die sich zum Beispiel am Hormonspiegel einer Frau im Speichel orientiert. Es ist aber umstritten, ob die dabei verwendeten Speicheltests zuverlässig genug sind. Viele Ärzte plädieren eher dafür, die Hormondosis anhand der Wirkung zu bestimmen – also genau so viel zu geben, dass die Symptome ausreichend unterdrückt sind.
Was man am besten macht
Frauen, die sich den Wechseljahren nähern, sollten sich mit Sport körperlich fit halten und idealerweise regelmäßig in die Sauna gehen. Treten doch lästige Beschwerden auf, kann man versuchen, sich darauf einzustellen – etwa, indem man sich bei Hitzewallungen nach dem Zwiebelprinzip anzieht und einen Fächer in der Handtasche hat. Darüber hinaus lässt sich mit pflanzlichen Medikamenten gegensteuern. Erst wenn das nicht genügend bringt, sollte man zu Hormonen greifen. Und zwar so gering dosiert wie möglich und so hoch dosiert wie nötig – egal, ob herkömmliche oder bioidentische Hormone. Ob mit einer Hormontherapie Risiken verbunden sind, hängt auch von persönlichen Risikofaktoren ab – hier sollte sich die Frauenärztin viel Zeit nehmen, um zusammen mit der Patientin eine möglichst individuelle Lösung zu finden.
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