Irina, wie würdest Du selbst Deine Kissen beschreiben?
Ich würde sagen, sie sind wie fröhliche, liebevolle Bonbons.
Du benutzt ja auch gerne Pastelltöne.
Ja, wobei das auch etwas Neues ist. Das ist vielleicht auch dem Zeitgeist geschuldet und der Phase, in der sie geboren wurden – mitten in Corona.
Du nähst die Kissen nicht einfach, sondern arbeitest auf Wunsch bestimmte Mantras oder Intentionen ein. Wie funktioniert das?
Ja, das klingt vielleicht immer etwas – ich weiß gar nicht genau, wie es klingt. Aber es ist tatsächlich so: Wenn ich einen Auftrag für ein Meditationskissen erhalte, verbinde ich mich irgendwie mit der Person, die ein Kissen bestellt. Das geschieht automatisch. Ich spüre einfach, welches Gefühl im Vordergrund steht. Ob das Trauer ist oder irgendeine andere Energie, die aber nicht originär meine ist. Ich habe als Reaktion darauf beispielsweise den Wunsch, ein bestimmtes Mantra beim Fertigen des Kissens zu hören. Oder ich fühle mich ganz fröhlich, weil ich das Gefühl habe, in das Kissen gehört Freude. Genauso sagen mir die Leute inzwischen, wenn sie sich eine bestimmte Energie, eine bestimmte Intention wünschen. Und das berücksichtige ich dann.
Welche Rückmeldungen erhält Du?
Ganz unterschiedliche und immer sehr schöne. Eine Frau hat mir erzählt, dass sie sich lange nicht getraut habe, ihren Job zu kündigen. Und beim Meditieren auf dem Kissen hat sie sich dann aber plötzlich so bestärkt gefühlt, dass sie diesen Schritt schließlich gegangen ist. Es war eine gute Entscheidung. Ich bilde mir nicht ein, dass meine Kissen die Welt verändern. Aber ich denke schon: Die Energie, die man irgendwo hinein steckt, die zeigt sich anschließend auch.
Welches Kissen mit welcher Intention nutzt du selber zum Meditieren?
Ich meditiere in meinem Atelier. Da befinden sich alle möglichen Kissen, hauptsächlich meine Prototypen, die ich nicht verkauft oder verschenkt haben. Wenn ich meditiere, greife ich mir einfach eines. Im Moment ist es vor allem das bunte Ying und Yang.
Wie sieht deine eigene Meditationspraxis aus?
Sie beginnt morgens im Bett – wenn man das bereits als Meditation bezeichnen möchte, aber ich denke schon. Ich richte mich auf den Tag aus. Es ist ein bewusstes Liegenbleiben. Ein bewusstes In-mir-Sein und den Körper spüren. Ich gehe dann den Tag durch und überlege, mit welcher Energie ich welche Aufgaben angehen möchte. Wo könnte ich mir etwas Gutes tun? Wo könnte ich Stress rausnehmen? Muss ich gleich mit den Hunden raus, oder möchte ich lieber erst einen Smoothie trinken? Ich weiß: Erste-Welt-Probleme! Über den Tag verteilt, richte ich mich immer wieder neu aus. Bevor ich zu arbeiten beginne, setze ich mich hin und meditiere, bevor ich ein Kissen nähe, ebenfalls. Genauso wenn ich mittags eine Pause mache. Manchmal dauert diese Ausrichtung nur eine Minute, manchmal 20 Minuten. Und manchmal höre ich mir auch geführte Meditationen an.
Du schaust dabei nicht auf die Uhr?
Nein. Ich brauche das immer wieder in unterschiedlicher Länge, um mich zu zentrieren. Danach geht es mir besser, weil meine Energie nicht all over the place ist. Und dann mache ich noch sehr viel Yoga. Meistens praktiziere ich eine Abfolge aus dem Hatha-Yoga. Beim Kundalini-Yoga kann ich komischerweise nicht so gut meditieren, auch wenn das bei vielen Menschen anders ist. Aber ich kann mich besser im Hatha-Yoga entspannen, vor allem in der Endentspannung im Liegen.
Bist Du trotz dieser intensiven Meditationspraxis manchmal gestresst?
Ja, es ist dieser subtile Stress, der sich droht einzustellen. Zum Beispiel, wenn ich eine Aufgabe gerne abschließen und die Kissen versenden möchte. Hier sind meine Tiere eine ganz große Hilfe. Mein Freund und ich haben zwei Hunde und zwei Katzen, und die sind sehr spürig, was bestimmte Energien angeht. Sie kommen häufiger zu mir ins Atelier, um mich sozusagen „abzuholen“, wenn es stressig wird – so kommt es mir vor. Es ist, als wenn sie mir dann sagen wollten: „Hey! Jetzt ist es gerade aber nicht mehr die Energie, die du eigentlich gerne hättest!“
Stimmt es, dass sich Tiere allgemein in der Nähe Deiner Kissen besonders wohl fühlen?
Ja! Das ist eine Rückmeldung, die ich immer wieder erhalte. Tiere und kleine Kinder. Viele Mamas schreiben mir: „Jetzt hab ich kein Kissen mehr, mein Kind klaut es immer und schleppt es in sein Zimmer.“ Und die Tiere liegen auch entweder direkt drauf oder daneben. Und das in Ecken, in denen sie sich vorher kaum aufgehalten haben. Das ist bei unseren Tieren genauso.
Wo holst Du Dir Inspiration?
Mich inspiriert ehrlich gesagt alles. Manchmal wird das fast zu einem Problem, weil ich zu viele Ideen und gleichzeitig nicht genug Zeit habe, sie umzusetzen. Ich entwerfe ja besonders gerne Capes, Schals und Ponchos, die sich für die Trägerin oder den Träger wie eine Umarmung anfühlen sollen. Meine Soul Scarves stelle ich aus komplett recyceltem Material her, in das ich außerdem besondere Andenken einarbeite. Vielleicht ein Stück von einem Lieblings-Cashmir-Pulli, der ein Mottenloch hat und nicht mehr getragen werden kann. Oder etwas von einem Verstorbenen. Für diese Idee schlägt weiterhin mein Herz. Und genauso für so viele andere Dinge. Das alles zu bündeln und in Einklang mit der Selbstständigkeit für den Lebensunterhalt zu bringen, ist nicht ganz leicht. Ich könnte also theoretisch jeden Tag etwas neues entwerfen und ein Motiv nach dem anderen auf die Kissen „klatschen“, um es einmal mit einem sehr harten Wort auszudrücken. Aber das möchte ich gar nicht.
Corona ist unter anderem eine Zeit der Einkehr und Entschleunigung. Hast Du das Gefühl, dass Deine Kissen auch deshalb momentan so gut ankommen, weil viele Menschen eine Sehnsucht nach Geborgenheit haben? Nach Schönem und nach Meditation?
Das glaube ich schon. Es geht ja unter anderem um die Frage, wofür man Geld ausgibt. Ich denke, vor ein paar Jahren hätten noch nicht so viele Leute in etwas investiert, das für Selfcare steht, für eine schöne Umgebung, in der man es sich gut gehen lässt.
Was ist der beste Ratschlag, den Du selbst erhalten hast?
Vielleicht der, sich selbst nicht immer so ernst zu nehmen. Und zu sehen, dass sich alles wandelt und verändert.
Danke für das Gespräch!
Irina Kaschuba
hat Modesdesign hat 2008 das Label Kaschuba Hommage gegründet. In ihm verbindet sie traditionelles Handwerk, Nachhaltigkeit und Design mit spirituellen Aspekten. Außerdem hat sie eine zweijährige Ausbildung zur Yogalehrerin und dann noch zur Kinesiologin gemacht. Nach einem Jahr Pause, in dem sie mit autistischen Kindern gearbeitet hat, ist sie nun wieder als Modedesignerin tätig.
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